Mailand - Der neue Intendant der Scala, Stephane Lissner (52), der am kommenden Dienstag seinen Posten in Mailand übernimmt, muss sich sofort mit der heiklen Frage der finanziellen Misere des Opernhauses auseinandersetzen. Das Defizit des Theaters ist 2004 auf 8,3 Millionen Euro geklettert, 2003 waren es noch 6,89 Millionen Euro, berichtete die Mailänder Wirtschaftszeitung "Sole 24 ore" in ihrer Donnerstag-Ausgabe. Bis Ende 2005, befürchtet der Scala-Aufsichtsrat, könnte das Manko auf 16 Millionen Euro klettern, sollte der neue Intendant keine einschneidenden Einsparungen ergreifen.

Die Einnahmen aus den Aufführungen bescherten im vergangenen Jahr dem Theater 86,2 Millionen Euro. Die Produktionskosten betrugen jedoch 90,1 Millionen Euro, 66 Prozent davon sind Personalausgaben, berichtete "Sole 24 ore". Nur mit Hilfe privater Spenden könne die Lage noch gerettet werden. Einige Gründer der Scala-Stiftung wollen Sonderbeiträge im Wert von insgesamt zehn Millionen Euro spenden, um das Opernhaus vor dem finanziellen Zusammenbruch zu retten, Zu den Sponsoren zählen der Reifenproduzent Pirelli und die Mediengruppe des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, Mediaset.

Teurer Umzug

Auf dem Budget der Scala lastete im vergangenen Jahr vor allem der kostspielige Umzug vom Theater Arcimboldi im Mailänder Norden, das drei Jahre lang als Ausweichquartier diente, in das renovierte Stammhaus, das umfassend modernisiert wurde. Die Scala war im vergangenen Dezember mit der von Riccardo Muti dirigierten Salieri-Oper "L´Europa riconosciuta" wieder geöffnet worden.

"Jetzt beginnt die schwierigste Phase für die Scala. Lissner wird Einschnitte beschließen müssen, um den finanziellen Engpass zu überwinden. Unklar ist noch, wie sich diese Lage auf die Belegschaft auswirken wird", sagte Gewerkschaftssprecher Roberto Monticelli. Er warnte Lissner, das Personal nicht allein für die finanziellen Schwierigkeiten zahlen zu lassen. Die Gewerkschaften hatten nach Lissners Ernennung zum neuen Intendanten einen über zweimonatigen Streik beendet.

Lissner, Musikdirektor der Wiener Festwochen und Leiter des Musikfestivals von Aix-en-Provence, war vor einer Woche von den Scala-Aufsichtsratsmitgliedern einstimmig gewählt worden. Er löst den erst im Februar gewählten Intendanten, Mauro Meli, ab, der zurücktrat. Lissner wird bis 2010 im Amt bleiben. Priorität habe für ihn die Vorbereitung des Mozartjahres 2006, so Lissner. (APA)