Auch als Buch: Die besten Stadtgeschichten aus dem Stadtgeschichten - Archiv - zum Wiederlesen & Weiterschenken. "Wiener Stadtgeschichten" mit Illustrationen von Andrea Satrapa-Binder, Echomedia Verlag Ges.m.b.H., ISBN 3-901761-29-2, 14,90 Euro.

Von Montag bis Freitag täglich eine Stadtgeschichte von Thomas Rottenberg

Es war letzte Woche. Da hat B. um ihre Staude gekämpft – und verloren. Aber darum, sagt sie, gehe es nur am Rande: Sie habe, sagt B., wieder ein bisserl von ihrem Glauben an das Gute in der Welt eingebüßt. Und dass das im Baumarkt passieren würde, hätte sie, sagt B., eigentlich nicht gedacht.

B. siedelt nämlich gerade. Eigentlich, sagt sie, sei sie in der letzten Phase: dem, Kistenschleppen und Kastlzusammenbauen sei die Phase des Letzte-Schrauben-Kaufens, Lampengeraderichtens und Lackkratzer-in-Türen-Ausbesserns gefolgt. Bald, freut sich B., werde sie mit Fug und Recht behaupten können, dass sie schon wohne ­ und über den Unterschied zum fragenden Werbeslogan „lebst du schon?“ werde sie dann nachzudenken beginnen.

Grünpflanzen

Freilich gehören für B. in eine richtige Wohnung auch Pflanzen. Und bei 1001 Bauhausbesuch, erzählt B., habe sie da einiges gesehen, was sie dann, letzte Woche, kaufen ging. Schließlich hätte es keinen Sinn gemacht, neue Pflanzen in eine staubige Baustelle zu schleppen.

Darum schob B. frohgemut ihr Wagerl durch den Baumarkt und stapelte ein paar Pflanzen hinein. Und als das Wagerl schon schwerfällig war und sie noch Türstopper aus einem Regal holen wollte, ließ sie es im Gang stehen. Das, sagt B., habe sie immer so gemacht. Und sei da auch nicht die einzige gewesen.

Verschwunden

Doch diesmal, erzählt B., sei der Wagen weg gewesen. Und zwei der von ihr liebevoll ausgesuchten Pflanzen seien am Boden gestanden. Zwei Gänge weiter habe sie den Wagen – samt seinem Entwender – wieder gefunden. Und zur Rede gestellt.

Der Mann habe zunächst geleugnet, sagt B. Und erst als sie darauf hinwies, dass es doch seltsam sei, dass alles, was – abgesehen von den Pflanzen – auf dem Wagen lag, auf ihrem Einkaufszettel stehe, habe er alles zugegeben: Ja, er habe B.s Wagen entführt.

Er habe B. verfolgt. Durch den halben Baumarkt. Und den unbewachten Moment ausgenutzt, – und nun fahre er spazieren, um sich sukzessiver aller Artikel zu entledigen – bis auf einen: B. habe ihm nämlich den letzten Topf der Lieblingspflanze seiner Frau vor der Nase aus dem Regal wegstiebitzt. Und er habe einfach nicht fragen wollen, ob B. um des anstehenden Geburtstages der Frau Gemahlin willen, auf diesen Topf verzichten wolle. Jetzt gehöre die Staude ja sowieso ihm.

Eskalation

B. war baff: Sie hätte den Topf bestimmt hergegeben, wenn der Mann sie gebeten hätte, sagt sie. Aber so? Sie habe, erzählt sie, dann auf stur geschalten. Und den Streit eskalieren lassen. So lange, bis sich auch Baumarktmitarbeiter eingeschalten hätten.

Aber die, sagt B., seien feige. Sie hätten sich auf die Seite des bekennenden Wagerldiebes geschlagen: Es gäbe für solche Fälle keine ihnen bekannten Spielregeln, darum dürfe der, der ein Wagerl lenke, die Ware bezahlen und mitnehmen. Der Pflanzendieb sei triumphierend davon gerollt. Einer der Baumarktmenschen habe B. angeboten, ihr ein neues Wagerl nach ihrer Liste zu befüllen .

Sie habe, sagt B., abgelehnt - und werde den Baumarkt wechseln. Und nie wieder vergessen, dass zwischen den Regalen einzig das Recht des Frecheren zählt.