Bild nicht mehr verfügbar.

Die Überreste des Türken-Befreiungsdenkmals im Stephansdom in Wien

Foto: APA/Artinger
Wien - In seiner Regierungszeit von 1658 bis 1705 begann das "Heldenzeitalter" Österreichs und sein Aufstieg zur europäischen Großmacht nach dem Sieg über die Türken, sowie im Zuge der Abwehr französischer Angriffe im Westen des Römisch-Deutschen Reiches. Seine 47-jährige Herrschaft sah aber auch dank des Mäzenatentums von Krone, Kirche, Adel und Städten die Ausprägung einer spezifischen österreichischen Barockkultur, während er selbst als eine der "komponierenden Majestäten" des Hauses Habsburg in die österreichische Musikgeschichte einging: Kaiser Leopold I., dessen 300. Todestag sich am 5. Mai zum 300. Mal jährt.

Aufstieg zum Thronfolger

Der am 9. Juni 1640 als zweiter Sohn Kaiser Ferdinands III. (1608/1637-57) und seiner spanischen Gemahlin Maria Anna geborene Leopold war ursprünglich für den geistlichen Stand bestimmt. Erst als sein älterer Bruder Ferdinand (IV.), dem sein Vater bereits alle Kronen (Böhmen, Ungarn, Hlg. Röm. Reich) verschafft hatte, 1654 21-jährig den Pocken erlag, stieg Leopold zum Thronfolger auf. Seine Kaiserwahl 1658 nach dem Tod seines Vaters konnte nur mit Schwierigkeiten gegen den Widerstand Frankreichs und Schwedens durchgesetzt werden. Leopolds lange Regierung stand fast ganz im Zeichen von Kriegen gegen die Türken und Franzosen, zuletzt um das spanische Erbe, sowie im Vorgehen gegen rebellierende ungarische Magnaten, obwohl er im Grunde ein friedliebender Mensch und keine Eroberernatur war.

Magnatenverschwörung

Im Nordischen Krieg 1655-60 unterstützte er das Kurfürstentum Brandenburg und Polen gegen die drohende schwedische Übermacht. Kurz darauf verursachte sein Eingreifen in Auseinandersetzungen in Siebenbürgen einen Krieg mit dem Osmanischen Reich, der trotz des Sieges von Feldmarschall Raimund Montecuccoli bei St. Gotthard a. d. Raab mit dem ungünstigen Frieden von Vasvar (Eisenburg) abgeschlossen wurde. Dies rief den Widerstand der auch mit der absolutistischen Herrschaft Leopolds und seinen gegenreformatorischen Bestrebungen in Ungarn unzufriedenen Magnaten hervor. Die Magnatenverschwörung wurde 1671 niedergeschlagen und die Haupträdelsführer hingerichtet. In den 1678 ausgebrochenen Aufstand des Magnaten Emmerich Tököly griffen 1683 die Türken ein, die von 14. Juli bis 12. September unter Großwesir Kara Mustafa Wien belagerten.

Der Sieg des aus österreichischen, polnischen und Reichstruppen bestehenden Entsatzheeres am Kahlenberg bei Wien am 12. September 1683 war eine weltgeschichtliche Wende: Jetzt konnte man von der Defensive gegen türkische Angriffe zur Offensive in Ostmitteleuropa und im Südosten des Kontinentes übergehen. Zugleich war dieser Tag 1683 die Geburtsstunde der Großmacht Österreich. Bis zum Frieden von Karlowitz 1699 konnte fast ganz Ungarn und Siebenbürgen erobert werden.

Lesen Sie auf der folgenden Seite mehr zum Abwehrkampf gegen den französischen "Sonnenkönig" und die Festigung des Absolutismus.

Der Kaiser stand gleichzeitig auch im Abwehrkampf gegen die Franzosen unter dem "Sonnenkönig" Ludwig XIV., es war das erste Zweifrontenproblem der deutschen Geschichte. Das Eingreifen in den Holländischen Krieg (1672-79) und in den Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-97) setzte zwar der französischen Ausdehnungspolitik Grenzen, jedoch ohne entscheidende Erfolge.

Nach dem Aussterben der spanischen Linie der Habsburger 1700 erhob Leopold Anspruch auf das Erbe, nach dem "Pactum mutuae Successionis" von 1703 sollte der aus der dritten Ehe des Kaisers stammende ältere Sohn Josef in den österreichischen Ländern, der jüngere Sohn Karl in Spanien die Erbschaft antreten. Leopold erlebte nach 1700 einige Siege von Prinz Eugen in Italien und 1704 noch den britisch-österreichischen Sieg unter John Churchill Herzog von Marlborough und Prinz Eugen über die Franzosen und Bayern bei Höchstädt an der Donau und das Nachlassen der Kämpfe in Ungarn nach einem Aufstandversuch von Ferenc Rakoczy, bevor er am 5. Mai 1705 in Wien verstarb.

Absolutismus

Der drei Mal verheirate Kaiser (Margarita Teresa von Spanien, Claudia Felicitas aus der Tiroler Habsburg-Linie, Eleonore Magdalena von Pfalz-Neuburg) festigte im Inneren den Absolutismus und veranlasste eine bürokratische Straffung, die Wirtschaft belebte er durch merkantilistische Maßnahmen. Allerdings war man wegen der ständigen Kriege oft in Finanznöten, ein habsburgisches Erbübel. Bei der Auswahl hervorragender Diplomaten für seinen Dienst und der Entdeckung militärischer Talente hatte er, wie das Beispiel Prinz Eugen zeigt, großes Glück. Er war ein strenggläubiger Katholik, ein Freund der Jagd, von Kunst und Wissenschaft, sammelte Bücher und verfasste Gedichte in italienischer Sprache.

Seine besondere Liebe galt der Musik. Er berief italienische Opernkomponisten nach Wien, dirigierte selbst Konzert- und Opernaufführungen und verfasste als begabter Tonschöpfer kirchliche Werke, Arien, Balletsuiten u.v.a. Die Aufführung der von Francesco Sbarra (Librettist) und Marcantonio Cesti (Komponist) stammenden Oper "Il Pomo d'Oro" in Wien aus Anlass der ersten Verehelichung des Kaisers war ein musikalisches Ereignis, das in ganz Europa Aufsehen erregt hatte. (APA)