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Paolo Conte

Foto: REUTERS/John Schults
Wien - Das Klavier - frontal zum Publikum, wie ein Katheder. Oder nein, eher wie ein Schutzschild, für einen, der sich nicht gern auf die Finger schauen lässt. Und wenn Paolo Conte zum Auftakt, nach der Pause und zur einzigen Zugabe nur wenige Sekunden nach seinen acht Begleitmusikern aufs Podium eilt, dann hat auch das weniger von einem sorgsam inszenierten Auftritt für einen Altmeister als vielmehr den Gestus eines routinierten Barpianisten, der den heutigen Job pragmatisch und hinter sich bringen will. Unaufwändig, obwohl er natürlich weiß, was er dem Publikum wert ist.

Sotto le stelle di Jazz, Come di, Max, unweigerlich am Schluss Via con me ("it's wonderful, it's wonderful" dürfen die Leute als Refrain selber singen) - die alten Hadern, beiläufig zwischen neue Songs von der jüngsten CD Eligia gestellt, die selbst schon wie Klassiker klingen - das geht voran, als hätte man in Italien nicht nur das Rauchen in Bars, sondern überhaupt die Rauchpause abgeschafft. Drei-, viermal kommt Conte dann doch nach vorn, stellt sich ein wenig ungelenk neben das Mikrofon, man merkt, er hätte was zu sagen, zu erzählen, aber gleich jetzt, vor diesen fremden Leuten? Außerdem braucht man mit 68 ja nicht unbedingt neue Freunde. Und wo spielen wir übrigens morgen?

Kurz und/aber gut: Im Konzerthaus am Sonntag herrschten - trotz Abwesenheit von Azzurro - geradezu klischeehaft italienische Verhältnisse: ein bisschen zu beiläufig, zu sicher im Abspulen bewährter, beliebter Phrasen, Gesten und Harmonien. Andererseits ist diese "schlampige" Souveränität auch wieder superlässig: Man muss ja nicht jede Hit-Revue so aufziehen, als wäre sie ein Comeback von Frank Sinatra. Einmal bei einem wahrlich höllisch aufgekochten Diavolo rosso kommt sogar für zehn Minuten echt Spielfreude auf, der Gitarrist Daniele dall'Omo und der Mann an der Marimba, Daniele di Gregorio, kriegen sich fast nicht mehr ein - aber wer weiß, vielleicht war auch das (und die ganze Nachlässigkeit) nur einstudiert: Nach jedem Song wurde immerhin das Licht abgeblendet, als wäre er ein eigenes Drama gewesen.

Und in die Dunkelheit, kurz bevor Paolo Conte sich wieder aus dem Nichts herauskonturierte, geschützt und beflügelt hinter seinem Klavier, durch seine Stimme: großer, beständig sich steigernder Jubel. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.4.2005)