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Irgendwann sollen die Fans von Dynamo Kiev auch Aktien erwerben können. Damit sie endlich wissen, für wen sie eigentlich trommeln.

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In der ukrainischen Nationalliga liegt Dynamo Kiew knapp hinter Schachtjor Donezk auf Platz zwei. Scheint spielerisch alles mehr oder weniger im Rahmen zu sein, so hat die Finanzgeschichte diesen gesprengt. Das meinen zumindest die Behörden unter der neuen ukrainischen Staatsführung. Diese ist bekanntlich eifrig dabei, mit den krummen Machenschaften der früheren Machthaber rund um den Ex-Präsidenten Leonid Kutschma aufzuräumen.

Zum seinerzeitigen Netzwerk der Korruption und Finanzdeals, für die sich Kutschma auch Wohltätigkeitsfonds erfand, wurde offenbar auch die geschlossene Aktiengesellschaft Dynamo Kiew verwendet. Dazu kommt, dass der Minderheitsaktionär gegen eine angeblich illegale Aktienveräußerung klagt. Seit März sind die Klubaktien beschlagnahmt.

Wie Ukraines Vizeinnenminister Gennadij Moskal mitteilte, seien von den 55 Mio. Griwna (gut zehn Mio. Dollar), die sich auf den Konten von Kutschmas Wohltätigkeitsfond "Ukraina" befinden, 42 Mio. noch unbekannter Herkunft aus Offshore-Zonen überwiesen worden. Kutschma hatte den Fonds, der sich aus Sponsoren speisen sollte und der sich umgehend eine Villa im Zentrum Kiews einverleibte, Mitte November des Vorjahres angeblich zur Unterstützung junger Talente gegründet. Schon im Oktober zuvor hatte der Präsident von Dynamo, Igor Surkis, im Namen des Klubs sechs Mio. Griwna (1,1 Mio. Dollar) in den Fonds überwiesen. Unlängst sagte Surkis dazu aus: Im Oktober sei ein Brief im Klub eingelangt mit dem Vorschlag, Wohltätigkeitsgeld zu überweisen, was der Direktorenrat dann auch beschloss. Mittlerweile wolle der Fonds das Geld zurückzahlen. Die Behörden erhielten Hinweise auf die Transaktionen vom Minderheitsaktionär des Klubs, der Firma Pacific International Sport Clubs Limited (PISCL). Zudem könnten die Finanztransaktionen mit der angeblich illegalen Veräußerung von 98,71 Prozent der Klubaktien im Oktober zusammenhängen. PISCL sagt, sein Aktienvorkaufsrecht sei damals verletzt worden.

Wie die Zeitung Kyiv Post in Erfahrung brachte, wurden auf den Virgin Islands auf Ansuchen von PISCL bereits von sechs Firmen, die als Aktionäre von Dynamo vermutet werden, die Konten eingefroren. Die Besitzer der Konten, deren Summe sich auf 22 Mio. Dollar beläuft, verkauften angeblich ihre Dynamo-Aktien im Herbst 2004 an Igor Surkis und Valentin Sgurski. Bemerkenswert, dass Igor Surkis der Bruder von Grigori Surkis ist. Letzterer ist Präsident der ukrainischen Fußballföderation und Abgeordneter der Vereinigten Sozialdemokraten - unter Kutschma war er einer der obersten Oligarchen, in einem Einflussclan gemeinsam mit Kutschmas Präsidialamtsleiter Medwedtschuk.

Dynamo selbst verbindet mit der nun aktiven PISCL den russischen Unternehmer Konstantin Grigorischin und bezichtigt ihn des Versuchs, den Klub an sich zu reißen. Der Vizepräsident für humanitäre Fragen, Nikolaj, der keine Kompromissbereitschaft sieht, möchte den Klub aus den Händen der Familie Surkis befreien und "in einen Volksklub" verwandeln, mit Aktienerwerb durch die Fans. (Eduard Steiner aus Kiew - DER STANDARD PRINTAUSGABE 25.5. 2005)