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Wien - Guido Knopp hat es vorgemacht: Nach Hitlers Frauen, Hitlers Helfer, Hitlers Manager und so weiter und so fort kommen im Kino nun "Hitlers Schüler" zum Zug.

In Dennis Gansels Napola - Elite für den Führer geht es um die Zöglinge einer jener "Nationalpolitischen Erziehungsanstalten", in denen ab 1933 männlicher nationalsozialistischer Nachwuchs ausgebildet wurde. Gansel, Jahrgang 1973, hat zuletzt die frivole Teeniekomödie Mädchen, Mädchen (2001) inszeniert. Auch Napola ist ein Film über Jugendliche, nur dass der historische Bezugsrahmen hier eben ein Drama nahe legt.

Man schreibt das Jahr 1942. Der siebzehnjährige Friedrich (Max Riemelt), Sohn einer Berliner Arbeiterfamilie, weckt mit seinen sportlichen Leistungen als Boxer das Interesse eines Napola-Ausbilders. Gegen den Willen der Eltern wird er für dessen Schule rekrutiert. Dort freundet er sich mit Albrecht (Tom Schilling), dem Sohn des örtlichen Gauleiters, an. Albrecht schreibt Gedichte, er entspricht nicht dem väterlichen Wunschprofil vom wehrfähigen Jungmann. Friedrich wird ihm als Vorbild hingestellt.

Die beiden verkörpern zwei Positionen in einem Figurenspektrum, das vom Weichei bis zum Streber reicht. So schematisch wie die Anlage der Charaktere ist auch die visuelle Gestaltung: Die Farbtönung der Bilder, ihre künstlich hergestellte Patina, entspricht den Konventionen der Historienmalerei des zeitgenössischen populären Kinos.

Sport und Mord

In Napola geht es also einerseits zu wie in jedweder Internatsgeschichte. Nur dass man eben doch daran erinnert wird, dass es sich hier um einen historischen Spezialfall handelt. Dass das autoritäre System, das auf Ertüchtigung und Züchtigung und bedingungslosen Gehorsam setzt, in einem größeren gesellschaftspolitischen Zusammenhang steht. Sport ist Vorbereitung auf Krieg, und im Zweifelsfall stirbt man als Schüler den Heldentod oder wird zur Hatz auf flüchtige Kriegsgefangene befohlen. Ein Ereignis, das als dramatischer Wendepunkt in der (Selbst-)Wahrnehmung des Protagonisten fungiert.

Der Fokus des Films liegt nämlich immer auf der Tragödie seiner jugendlichen Helden. Sichtbar wird dabei die Strategie, sich von strukturellen Bedingungen ab- und stattdessen Einzelschicksalen - zumal der Erstellung fiktionaler Täterprofile - zuzuwenden. Napola schreibt sich damit ein in den Trend einer "Normalisierung" im Umgang mit und einer Popularisierung von nationalsozialistischer Vergangenheit.

In Tagen, in denen Hitlers Privatleben Quote bringen soll und der größte Führer-Darsteller aller Zeiten auch auf dem Fernsehschirm sein Antlitz zeigt, um für die DVD-Edition von Der Untergang zu werben, ist das wohl stimmig. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.4.2005)