Skepsis bis Besorgnis bei den Protestanten, überwiegend Zustimmung bei den anderen christlichen Kirchen - so könnte man die christlichen Reaktionen auf die Papstwahl zusammenfassen. Von der protestantischen Föderation Frankreichs etwa kam Kritik: "Monsignore Ratzinger war für uns Protestanten der Mann, der die anderen Kirchen nicht als wirkliche Kirchen anerkennt", sagte Gill Daude, Beauftragter der ökumenischen Beziehungen der protestantischen Kirche in Frankreich. Es sei notwendig, dass Joseph Ratzinger seine Weste des Großinquisitors ablege und die Weste des Hirten anziehe.

Die katholische Priesterbruderschaft "St. Pius X." hat die Wahl als "Hoffnungsschimmer" für einen möglichen "Ausweg aus der Kirchenkrise" begrüßt. Die Traditionalisten, die die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils ablehnen, erwarten vom neuen Papst die vollständige Wiederzulassung der vorkonziliaren tridentinischen Messe, hieß es in der Erklärung.

Das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christenheit, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, hat die Wahl Ratzingers begrüßt. Die russisch-orthodoxe Kirche, deren Beziehungen zum Vatikan angespannt sind, rief den neuen Papst zu verstärkter Zusammenarbeit beider Glaubensgemeinschaften auf. Patriarch Alexij gratulierte Benedikt XVI. und sprach sich für eine Verbesserung der Beziehungen aus. Nach Einschätzung russischer Theologen entspricht die streng konservative Haltung Ratzinger durchaus den Ansichten der russisch-orthodoxen Kirche.

Der Primas der anglikanischen Kirche und Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, würdigte die Wahl als "von großer Bedeutung für die gesamte Christenheit".

Der Jüdische Weltkongress (WJC) hat die Wahl Kardinal Joseph Ratzingers zum neuen Papst Benedikt XVI. entschieden begrüßt und dessen Beiträge zur Versöhnung zwischen Kirche und Judentum gewürdigt. "Wir freuen uns auf die Fortsetzung der Beziehungen, die wir mit Kardinal Joseph Ratzinger während des Pontifikats von Papst Johannes Paul II. unterhalten haben", sagte der Präsident des Weltkongresses, Edgar M. Bronfman, in New York.

Muslime aus aller Welt äußerten nach der Wahl Joseph Ratzingers zum neuen Papst Benedikt XVI. die Hoffnung, er werde wie sein Vorgänger Brücken bauen zwischen Christentum und Islam. "Ich hoffe, er trägt den Geist von Frieden und interreligiöser Harmonie in sich wie Papst Johannes Paul II.", verlautete aus dem indonesischen Muslim-Verband Nadhlatul Ulama. Vor allem weil er sich als Christ gegen den von den USA geführten "Krieg gegen den Terror" aussgesprochen hatte, genoss Johannes Paul II. großes Ansehen in der islamischen Welt. (red, DER STANDARD, Print, 21.04.2005)