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Roberto Mancini sieht Klub als Opfer.

Foto:AP/Duarte

Mailand - Inter Mailand empfindet die Strafe für das nach dem "pyrotechnischen Hagel" in der "Hölle von San Siro" abgebrochene Champions-League-Viertelfinal-Rückspiel gegen den AC Milan als zu hart. "Vier Spiele ohne Publikum sind sehr viel", beklagte Inter-Trainer Roberto Mancini am Wochenende das Urteil der Europäischen Fußball-Union (UEFA). Nach eigenen Schätzungen verliert der Verein rund acht Millionen Euro.

Strenge Maßnahmen bei fliegenden Gegenständen

Inter sieht sich als Geiselopfer einiger weniger Krimineller, denen durch die "Null Toleranz"-Aktion des Fußballverbandes (FIGC) noch mehr Macht gegeben werde. Seit diesem Wochenende werden in Italien Spiele sofort abgebrochen und mit 0:3 gegen den verantwortlichen Klub gewertet, sobald der erste gefährliche Gegenstand auf den Rasen geworfen wird.

Diese neuen Regeln sehen auch vor, dass die Polizei Spiele bei Ausschreitungen schon vor Beginn absagen muss. Brescias Klub-Präsident Gino Corrioni bezeichnete dies als "Wahnsinn". Auch Mancini befürchtet, dass Vereine von eingeschleusten Randalierern gezielt geschädigt werden könnten. Ohne die Ausschreitungen vom Champions League-Viertelfinalrückspiel verharmlosen zu wollen, monierte Mancini auch, dass durch die UEFA-Strafe "Klub und Fans für etwas bezahlen müssen, an dem sie nicht schuld waren".

Inter als Nebenkläger

"Mancini rebelliert gegen das UEFA-Urteil", titelte die Zeitung "Il Secolo XIX". Sechs Spiele ohne Publikum, von denen die letzten beiden Partien für drei Jahre auf Bewährung ausgesetzt werden, zuzüglich 193.000 Euro Geldstrafe lautete das Urteil der Kontroll- und Disziplinarkommission des Europa-Verbandes.

Inter sieht sich als Opfer, nicht als Täter. Als erster Verein in Italien schloss man sich deshalb auch als Nebenkläger dem Prozess gegen die ersten vier verhafteten Rowdys an. "Das ist wichtig, weil es zeigt, dass der Klub zu seinen gewalttätigen Fans auf Distanz geht", begrüßte der ermittelnde Mailänder Staatsanwalt Fabio Roia die Nebenklage des Vereins.

Drastische Strafen

In Mailand sichtete die Polizei Videos aus dem Stadion und verhörte zahlreiche Zeugen und mehrere Fan-Klubchefs, um weitere Krawallmacher dingfest zu machen. Ein Randalierer beim Champions-League-Spiel Juventus Turin - Liverpool, das nach den neuesten Null-Toleranz-Regeln gar nicht mehr angepfiffen worden wäre, wurde zu acht Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Auf die Inter-Hooligans warten ähnlich hohe Strafen.

Mit drastischen Strafen und der Null Toleranz-Aktion allein wird Italien der Gewalt im Fußball aber nicht Herr werden. Lazio Roms Präsident Claudio Lotito schlug am Wochenende deshalb einen runden Tisch mit allen Beteiligten von den Fanklubs bis hin zur Polizei vor. Einen in der jetzigen Situation sehr gewagten Vorschlag brachte die "La Gazzetta dello Sport". Die Sportzeitung setzt sich seit langem für den Abbau aller Zäune in den Stadien ein und verspricht sich davon ein "verantwortungsbewussteres Verhalten der Fans". Was die einen als mutige Idee befürworten, erscheint anderen angesichts der fast schon üblichen Ausschreitungen in Italien als Horrorszenario. (APA/dpa)