Bild nicht mehr verfügbar.

Peter Brabeck-Letmathe, gebürtiger Kärntner und Chef des weltgrößten Nahrungsmittelkonzerns Nestlé.

Foto: AP/OLIVIER MAIRE
Zürich - Ein Nestlé-Sprecher bestätigte: Nicht nur der Vorstandsvorsitzende, sondern auch der Verwaltungsrat (VR; der Aufsichtsrat, Anm.) werde zurücktreten, falls Peter Brabeck am Donnerstag nicht zusätzlich Chef des Verwaltungsrates werde. Brabeck, ein gebürtiger Österreicher, soll zusätzlich zu seinem Amt als Nestlé-Vorstandschef auch den Aufsichtsgremium vorsitzen, dessen bisheriger Chef Rainer Gut aus Altersgründen zurücktritt.

Dies soll nach dem Wil- len von Nestlé die strategi- sche Kontinuität sicherstellen. Doch so leicht wird das für Brabeck nicht: Die einflussreiche US-Beratungsfirma ISS, die US-Aktionäre berät, hat angekündigt, den Antrag der Anlagenstiftung Ethos zu unterstützen, die 83 Schweizer Pensionsfonds vertritt und einen Verzicht auf das Doppelmandat fordert.

Doch das Unternehmen kontert: "Wenn die Aktionäre mit der Annahme der Ethos-Anträge den Verwaltungsrat dermaßen einschränken, dann muss das Konsequenzen haben", wird ein Nestlé-Sprecher zitiert.

Vorgänger hatte auch beide Ämter inne

Echte Chancen auf Erfolg werden dem Verzichtsantrag nicht zugebilligt, Ethos selbst rechnet mit 20 Prozent der Stimmen. Auch Brabecks Vorgänger Helmut Maucher hatte jahrelang beide Ämter bekleidet, auch der Pharmakonzern Roche wird von einem Chef mit Doppelmandat geführt. Der 60 Jahre alte Brabeck baut Nestlé derzeit zu einem Gesundheits- und Wellness-Unternehmen um. Die Hürden für einen Erfolg seien zu hoch, sagte Ethos-Direktor Dominique Biedermann.

Für wichtige Entscheidungen wie beispielsweise eine Änderung der Amtsdauer der Verwaltungsräte forderten die Statuten die Vertretung von zwei Dritteln des gesamten Nestlé-Aktienkapitals in der Generalversammlung (GV). Eine so große Zahl zusammenzubringen sei praktisch unmöglich. Denn nur die im Aktienregister eingetragenen Aktionäre können bei der GV vertreten sein und somit mitbestimmen. Eine Menge Aktionäre lasse sich aber nicht eintragen, sagte Biedermann.

Es sei aber um ein klares Signal in Richtung Verwaltungsrat, wenn man zehn, 20 oder 30 Prozent Zustimmung an der GV erreiche, was realistisch sei. Vor drei Jahren, als Ethos im Alleingang beim Versicherer Zurich Financial Services (ZFS) und bei der Credit Suisse Group gegen die Doppelmandate an der Konzernspitze zu Felde zog, habe man Achtungserfolge errungen. Die Ämterkumulation könne das Gleichgewicht zwischen den Führungs- und Aufsichtsfunktionen sowie die objektive Diskussion im VR ernsthaft gefährden.

Die Doppelfunktion von Brabeck verhindere die Kontrollaufgabe des VR gegenüber der Geschäftsleitung. "Auch wenn Nestlé ein brillantes Unternehmen ist, gilt: Niemand kann sich selber kontrollieren", sagte der Vizepräsident. (Reuters, sda, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.4.2005)