Ein Bild aus alten Zeiten: Jörg Haider und sein damaliger Kulturberater Andreas Mölzer.

Foto: Foto: Eggenberger Gert
Wien - Jörg Haider will mit der Neugründung der Bewegung "Bündnis Zukunft Österreich" offenbar eine schon seit längerem verfolgte Idee in neuer Form umsetzten. Den Plan von der FPÖ neu hat er zwar erst nach den jüngsten Wahlniederlagen und den darauf folgenden Querelen innerhalb der Freiheitlichen geboren, mit einer eigenen Liste bei EU-Wahlen anzutreten hat er aber schon vor Jahren angekündigt. Daraus ist aber nie etwas geworden. Zuletzt hatte Haider nicht ausgeschlossen, die Partei zu übernehmen, aber einen geschäftsführenden Obmann einzusetzen und als Landeshauptmann in Kärnten zu bleiben.

Bereits 2001 eigene Liste angekündigt

Bereits 2001 hatte Haider erklärt, bei den EU-Wahlen 2004 mit einer eigenen Liste, unter Umständen im Rahmen einer europäischen Plattform der Rechtsparteien anzutreten. Auch die Möglichkeit eines Bündnisses mit der italienischen Lega Nord, dem belgischen Vlaams Blok wurde nicht ausgeschlossen. Nachdem diese Überlegungen für die EU-Wahl 2004 aber nicht realisiert wurden, kündigte Haider an, bei der nächsten Wahl werde mit ihm und seiner Bewegung auf jeden Fall länderübergreifend zu rechnen sein.

Von Vierprozent-Partei zu zweitstärkster KRaft

Haider hat die österreichische Innenpolitik in den letzten eineinhalb Jahrzehnten mehr geprägt als jeder andere Politiker. Die FPÖ führte er von einer Vierprozent-Partei zur zweitstärksten Kraft im Land bei den Wahlen 1999. Bei der letzten Nationalratswahl 2002 verlor die Partei zwei Drittel ihrer Wähler. Seit genau einem Jahr ist Haider als Landeshauptmann in Kärnten Chef einer blau-roten Koalition. Bekannt wurde Haider vor allem durch zwei Dinge: Erstens seinen heftig kritisierten Umgang mit Österreichs Vergangenheit und zweitens durch seinen mit Wonne betriebenen Kampf gegen die Privilegien der rot-schwarzen Ära.

Putsch 1986

Geboren am 26. Jänner 1950 in Bad Goisern, wandte sich Haider schon 20-jährig der Politik zu. 1970 wurde er Bundesobmann des Ringes Freiheitlicher Jugend und galt damals noch als liberal. Bis zu seiner Übersiedlung nach Kärnten als Landesparteisekretär im Jahr 1976 arbeitete er am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Wien. 1979 zog Haider erstmals in den Nationalrat ein, 1983 wurde er Kärntner Landesobmann. Ab diesem Zeitpunkt war seine Karriere scheinbar nicht mehr zu stoppen. 1986 putschte er mit seinen Getreuen am legendären Innsbrucker Parteitag Obmann Norbert Steger, drei Jahre danach war er dank der Hilfe der ÖVP Kärntner Landeshauptmann.

"Ordentliche Beschäftigungspolitik

Im Jahr 1991 stolperte Haiders auf seinem bis dahin scheinbar unaufhaltsamen Marsch nach oben erstmals. Nach seinem Ausspruch über die "ordentliche Beschäftigungspolitik im Dritten Reich" wurde er als Landeshauptmann abgewählt, versprach aber prompt: "Ich kehre wieder." Bis zu seiner tatsächlichen Rückkehr auf den Landeshauptmann-Sessel nach einem fulminanten Wahlsieg 1999 verdingte er sich in Wien als Klubobmann.

"Einfaches Parteimitglied"

Die Nationalratswahl im Oktober 1999, die die FPÖ auf Platz zwei der Wählergunst schwappte, bedeutete die erste Zäsur in der Karriere Haiders. Er führte die FPÖ in die Koalition mit der ÖVP und schaffte damit das Ende von 13 Jahre der politischen Ausgrenzung der Freiheitlichen. Zur Überraschung aller installierte er dann aber seine langjährige Weggefährtin Susanne Riess-Passer nicht nur als Vizekanzlerin, sondern auch als neue FP-Obfrau. Er wolle künftig nur noch als "einfaches Parteimitglied" agieren, verkündete Haider.

Saddam, Vlaams Block

Dass dem so nicht sein würde, war ohnehin allen klar - wie schwer Haider es der Vizekanzlerin machen würde, aber wohl auch nicht. Unter anderem hatte er eine nicht abgesprochene Reise nach Bagdad inklusive Handshake mit Saddam Hussein, ein Treffen mit umstrittenen europäischen Rechtsparteien und diverse Halbfreundlichkeiten ("unbeflecktes Lamm") zu bieten. Als Riess-Passer nicht freiwillig weichen wollte, schafften es Haiders Getreue letztlich, sie nach dem Delegiertentreffen in Knittelfeld zum Rückzug zu treiben. Zunächst wollte Haider wieder selbst an die Parteispitze zurückkehren. Nachdem Haider seine Familie bedroht sah, zog er seine Kandidatur zurück und löste ein weiteres Chaos in seiner Partei aus. Parteichef wurde zunächst Mathias Reichhold, der aus gesundheitlichen Gründen drei Wochen vor der Wahl das Handtuch warf. Einspringen musste dann Herbert Haupt.

"Ideologische Missgeburt"

Die Persönlichkeit des früheren FPÖ-Chefs hatte in den letzten Jahrzehnten Anlass zu unzähligen psychologischen Befunden geführt. Auf der Negativseite wurde vor allem Narzissmus, Unfähigkeit mit Kritik umzugehen, sowie sein wohl unbestreitbarer Hang zum Populismus genannt. Wohl am kritischsten zu beurteilen ist sein Verhältnis zur Vergangenheit. Empörung rief Haider unter anderem hervor, als er die Konzentrationslager der NS-Zeit als Straflager bezeichnete oder Österreich als "ideologische Missgeburt" beschrieb. Auch seine Anti-Ausländer-Wahlkämpfe und persönliche Untergriffe etwa gegen den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, oder VfGH-Präsident Ludwig Adamovich riefen bei so manchem kalte Schauer hervor.

"Ich bin schon weg"

Überdies hat Haider auf seinem Marsch durch die österreichische Innenpolitik unzählige Personalleichen hinterlassen - Norbert Gugerbauer, Heide Schmidt und Susanne Riess-Passer sind nur die bekanntesten davon. Dazu kommt, dass Haiders Befindlichkeit in heftig wirbelnden Fieberkurven schwankt. Gute Laune wechselt häufig innerst kürzester Zeit mit betont aggressivem Auftreten ab. Diese Sprunghaftigkeit führte wohl auch zu seinen diversen Rücktritten von Rücktritten. Sein "Ich bin schon weg" ist bereits zum geflügelten Wort geworden.

Stahlkraft verloren

Auf der anderen Seite steht das enorme Kommunikations- und PR-Talent Haiders, das ihn weit über Österreichs Grenzen zum Medienstar machte. Dem "kleinen Mann" aus der Seele zu sprechen, schaffte die freiheitliche Wahlkampf-Lokomotive ebenso mühelos wie einen Diskurs auf wissenschaftlicher Ebene. Das wahrscheinlich größte Verdienst Haiders war, Missstände im Proporz-Staat öffentlich zu machen und damit diese indirekt auch abzustellen. Auch als Wahlkämpfer war er früher kaum zu schlagen. Seine Strahlkraft hat er jedoch spätestens beim Wahlkampf 2002 verloren, wo er noch einmal durch alle Bundesländer tourte.

Mit dem Porsche nach Italien

Privat verfügt Haider im Kärntner Bärental über einen großen Besitz. Er liebt es mit Ehefrau Claudia im Porsche zu Opern nach Italien zu fahren. Dafür wird er nun aber als neuer Parteichef wohl auch nicht mehr Zeit haben als bisher, ebenso wie für seine zwei schon erwachsenen Töchter Cornelia und Ulrike. Nebenbei fungiert Haider auch noch als Präsident des Fußball-Zweitligisten FC Kärnten. (APA)