Wiederaufnahme eines Publikumserfolgs, neu angereichert mit humoresken Bezügen zur aktuellen Politik: Jacques Offenbachs "Orpheus in der Unterwelt" an der Wiener Volksoper.

Barbara Palffy

Zack, zack, zack!" Noch schneller war nur die Forschungsstelle für Österreichisches Deutsch in Graz, die anlässlich der jüngsten innenpolitischen Evenements die Vorwahl zum Wort des Jahres vier Monate früher als üblich gestartet hat. Wenige Tage später wurde der Inhalt des Videos von Ibiza auch auf die Bühne der Volksoper Wien gespült, als der Kriegsgott Mars (Daniel Ohlenschläger) in Jacques Offenbachs Orpheus in der Unterwelt seine militärischen Fantasien mit diesen Worten plus zackiger Handbewegung unterstrich.

Und auch in den Spott-Couplets auf Jupiter ("Ha, ha, ha!"), wurde mit leichter Hand das Original umgedichtet. Von der Zeile "Prinzess Europa zu berücken, erschienst du ihr sogar als Stier" ist es ja auch gar nicht weit zu einem österreichischen Getränkehersteller und beflügelten Urlaubs-Fantasien. Wenn die Realität der Unterhaltungskunst Gags schenkt, hat letztere leichtes Spiel – entsprechend deutlich war die Resonanz im Publikum, entsprechend befreiend klang das Lachen bei der Wiederaufnahme-Premiere jener Erfolgsproduktion, mit der die Direktion von Robert Meyer im Herbst 2007 vielversprechend begonnen hatte.

Raffinierte Wechsel

Die Zeit ändert viel, und doch wirkt die Produktion rund um die kaputte Ehe von Orpheus (Carsten Süss) und Eurydike (Rebecca Nelsen) brandaktuell: MeToo, Fake News, die Verfehlungen einer bigotten Elite – all das steckt schon im Stück selbst. Die deutsche Fassung von Peter Lund (an der Aktualisierung war Dramaturg Christoph Wagner-Trenkwitz scharfzüngig beteiligt) balanciert im "Fegefeuer der Eitelkeit, in dem ausnahmslos alle Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens" gefangen sind, raffiniert zwischen 19. und 21. Jahrhundert, zwischen Paris und Wien, und die Inszenierung von Helmut Baumann wechselt geschickt zwischen humoristischen Winkeln.

Der platteste Männerwitz wird von Jupiter (Martin Winkler) eben noch jovial gepoltert, im nächsten Moment von der travestierten Göttergattin Juno (Christian Graf) zurückgewiesen. Zentrales Vehikel für das Treiben ist dabei jener Aufzug, mit dem Pluto (Vincent Schirrmacher) auf die Erde und dann bis auf den Olymp gelangt (das Bühnenbild von Mathias Fischer-Dieskau bleibt eines der gelungensten der letzten Jahrzehnte). Voller Esprit musiziert das Orchester unter Guido Mancusi, das Ensemble ist spielfreudig, stimmlich wäre durchaus Luft nach oben. Bis Ende Juni und dann wieder im Herbst wird mit teils alternierender Besetzung gespielt – gut möglich, dass es bis dahin mit neuen Pointen wieder "zack, zack, zack" gehen muss. (Daniel Ender, 3.6.2019)