Bei nahezu jedem Vorstoß der Regierung zu Arbeitszeiten wird im Gegenzug die Gewährung einer zusätzlichen Urlaubswoche eingefordert.

Foto: APA / dpa / Frank Rumpenhorst

Seit Jahren ist ein klarer Trend erkennbar: Jüngere Arbeitnehmer legen viel Wert auf Freizeit und sind oft bereit, für kürzere Arbeitszeiten weniger Gehalt in Kauf zu nehmen. Daher verwundert es nicht, dass eine sechste Urlaubswoche regelmäßig auf dem Wunschzettel der Arbeitnehmervertreter steht. Bei nahezu jedem Vorstoß der Regierung zu Arbeitszeiten wird im Gegenzug die Gewährung einer zusätzlichen Urlaubswoche eingefordert.

Der Gesetzgeber steht dieser Idee nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. Diese gibt es nämlich schon, allerdings erst nach 25 Dienstjahren. Aber diese Zeitspanne ist heutzutage relativ schwer erreichbar. Laut Urlaubsgesetz werden nämlich maximal fünf Jahre Vordienstzeiten bei anderen Arbeitgebern angerechnet; dies hat der EuGH vergangene Woche in der Rechtssache C-437/17 ausdrücklich bestätigt.

Abgesehen von vereinzelt anrechenbaren Ausbildungszeiten muss ein Arbeitnehmer also weiterhin zumindest 20 Jahre beim aktuellen Arbeitgeber beschäftigt gewesen sein, um Anspruch auf eine sechste Urlaubswoche zu haben. Da Arbeitnehmer aber wesentlich häufiger als früher ihren Job wechseln, kommen immer weniger von ihnen in diesen Genuss.

Alternative Rucksackprinzip

Nach dem Motto "Den letzten beißen die Hunde" könnte es sich der Gesetzgeber einfach machen und die Vordienstzeiten aller bisherigen Arbeitgeber mitzählen. Eine Überwälzung auf den letzten Arbeitgeber hat aber schon bei der gesetzlichen Abfertigung nicht funktioniert; hier wurde die Mehrbelastung auf die betrieblichen Vorsorgekassen ausgelagert. Auch bei anderen arbeitsrechtlichen Ansprüchen, z. B. bei kollektivvertraglichen Jubiläumsgeldern, werden Vordienstzeiten aus guten Gründen nicht mitgerechnet.

Die Zusatzbelastungen für Unternehmen, die als letzte in der Reihe stehen, sind nämlich sachlich nur schwer argumentierbar. Unternehmen leiden bereits heute darunter, dass sich bei vielen Mitarbeitern unverbrauchte Urlaube auftürmen, die bei Beendigung des Dienstverhältnisses finanziell abzugelten sind.

Bloß im öffentlichen Dienst gibt es ähnliche Regelungen: Dort werden Vertragsbediensteten ab dem 43. Geburtstag Vordienstzeiten beim Bund voll angerechnet. Dies ist aber nur schwer auf den privaten Sektor umlegbar.

Vor allem aber würde damit die Idee einer Belohnung für lange Betriebstreue auf eine Erhöhung der Erholungszeiten für ältere Mitarbeiter reduziert werden.

Da das EuGH-Urteil eine gesetzliche Änderung in weite Ferne rücken lässt, bleibt es der Privatautonomie der Arbeitgeber überlassen, attraktive Ersatzregelungen für Mitarbeiter zu schaffen. Infrage kommen etwa zusätzliche Urlaubstage schon vor dem 25. Dienstjubiläum oder für besondere Arbeitsleistungen. Ob ein Unternehmen diesen Schritt geht, hängt von der betrieblichen Realität ab. Mutig ist er allemal. (Philipp Maier, 18.3.2019)