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China fordert, dass Washington zur Krisenlösung Peking auf halbem Weg entgegenkommt. Die USA sollten etwa ihren restriktiven Hochtechnologiemarkt Chinas Einkäufern öffnen.

Foto: AP Photo/Rene Tillmann

Die Warnschüsse für den großen Handelskrieg USA versus China sind von beiden Seiten abgefeuert worden. Sie drohten sich gegenseitig Straf- und Vergeltungszölle an. Nun bieten Washington und Peking vor der Umsetzung Zeit für weitere Verhandlungen an, um das Schlimmste abzuwenden.

Den Auftakt machte US-Handelsbeauftragter Robert Lightizer. Er hatte die Strafliste an Extrazöllen auf mehr als 1000 Importgüter aus China im Wert von 60 Milliarden US-Dollar vorbereitet, die US-Präsident Donald Trump im März verkündete. Dem US-Sender CNBC sagte er nun, dass er wegen Einspruchsfristen und anderer Vorbereitungen noch mindestens 60 Tage braucht. Erst Anfang Juni könnten seine Zoll-Listen in Kraft treten. Chinas zentraler Nachrichtensender CCTV zeigte Freitag Mittag als erste Nachricht, wie Lightizer die Frage beanwortete, ob ein Handelskrieg vermeidbar sei. "Wir haben diese Hoffnung."

Angemessene Zeit

Fast gleichzeitig meldete sich auch in Peking der Sprecher des Handelsministerium Gao Feng zu Wort. Pekings vor einer Woche angekündigten Vergeltungszölle auf US-Importe im Wert von drei Milliarden US-Dollar richteten sich noch nicht gegen die neue Lightizer-Listen, sondern gegen zuvor von den USA beschlossene Zölle auf Stahl- und Alluminiumimporte aus China. Die Einspruchsfristen dafür laufen am Samstag ab, sagt er. Doch er nannte keinen Termin, wann Chinas Zölle wirksam werden. "Wir werden sie in angemessener Zeit veröffentlichen."

Die beiden größten Handelsmächte der Welt wollen weiter verhandeln. Das Signal des sich Zeit lassenden Handelskrieges zwischen ihnen hat die US-Börsen wieder anziehen lassen. Auch die Papiere der an der New Yorker Börse gehandelten chinesischen Gesellschaften, die meist aus dem von US-Strafzöllen besonders bedrohten Technologiesektor stammen, stiegen wieder stark. Im Monatsvergleich aber lag der "China 50"-Index in den USA um 6,95 Prozent unter Ende Februar, Zeichen für die Unsicherheit der Märkte.

Handelskrieg aufgeschoben

Denn der Handelskrieg ist nur aufgeschoben. China und die USA feilschen um Konzessionen, um diese Gefahr, die beiden nur schaden würde, abzuwenden. Die USA wollen konkrete Reformschritte von Peking sehen und faire Spielregeln für ihren Marktzugang in China. Sie verlangen, den Diebstahl von US-Software und Technologien zu unterbinden und ihr Handelsdefizit mit Peking um jährlich hundert Milliarden US-Dollar zu reduzieren. 2017 erreichte es nach US-Handelszahlen 375 Milliarden US-Dollar, acht Prozent mehr als 2016.

China fordert, dass Washington zur Krisenlösung Peking auf halben Weg entgegenkommt. Die USA sollten etwa ihren restriktiven Hochtechnologiemarkt Chinas Einkäufern öffnen. Die US-Handelszahlen berücksichtigten nicht, dass viele Ausfuhren Chinas Zulieferungen von Vor- und Zwischenprodukten zur Weiterverarbeitung und Vermarktung durch US-Unternehmen seien. Der frühere Pekinger Repräsentant des US-Finanzministerium, David Dollar, bezifferte ihren Anteil an allen China-Ausfuhren auf 37 Prozent. China exportierte 2017 etwa Mobiltelefone und Laptops in einem Wert von fast 60 Milliarden Dollar nach den USA. Eine sehr hohe Anzahl darunter sei Endmontage für US-Firmen. Nur ein geringer Teil der Wertschöpfung davon bleibe in China.

Schieflagen

Peking räumt ein, dass es beim Handel mit dem Ausland, bei seinem Marktzugang und der Gleichbehandlung ausländischer Investoren Schieflagen gibt. Premier Li Keqiang sagte Anfang der Woche Teilnehmern des "China Development Forum", dass Auslandsunternehmen nicht mehr zum Technologietransfer an ihren chinesischen Partner gezwungen werden dürfen. Auch soll der Finanz- und Versicherungsmarkt geöffnet werden. Die Fachwebseite "autonewschina.com" meldete, Peking sei bereit, seine Einfuhrzölle von 25 Prozent auf Importwagen zu senken. Sie sind zehnmal so hoch wie die US-Zölle auf Importfahrzeuge. China wolle auch seine Politik der Zwangs-Jointventures für ausländische Autokonzerne mit einheimischen Mehrheitspartnern beenden.

Bisher ist alles Vorgeplänkel. "Wir haben noch Zeit. Beide Seiten sollten nach weiteren Kompromissen suchen, um ihren Handelsstreit zu lösen", forderte die Pekinger Wirtschaftszeitschrift "China Times". "Die kommenden Wochen sind entscheidend." Neue Verhandlungen starten im Mai, wenn US-Finanzminister Steven Mnuchin nach Peking kommt. "Sein Besuch ist vereinbart", sagte ein hochrangiger chinesischer Finanzexperte dem "Standard".

Lippenbekenntnisse

Die USA wollen sich allerdings mit "Lippenbekenntnissen" nicht ihre Strafzölle ausreden lassen. Mehrere Pekinger Politiker hatten in den vergangenen Wochen entschiedene Reformschritte zur Öffnung der Wirtschaft angekündigt. Mit dem unisono gegebenen Hinweis, dass Chinas Führung "dabei weiter geht, als alle bisher vermuteten"

.Konkrete Maßnahmen wurden nicht vorgestellt. . Nun warteten alle, sagte der Finanzexperte, dass Chinas Präsident Xi Jinping sie bekanntgibt. Die Bühne dafür sei die Boao-Wirtschaftskonferenz in Hainan am 10. April. Xi wird den Festvortrag halten "40 Jahren Reformen und Öffnung Chinas", und wie es weitergeht.

Nebenbei ist das auch eine Sternstunde chinesischer Aufmerksamkeit für Österreichs Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen. Mit Bundeskanzler Sebastian Kurz und der größten österreichischen Unternehmerdelegation, die China jemals bereiste, kommt er im April zum Antrittsbesuch nach China. Auf Einladung Pekings fährt er nach Boao weiter. Er soll dort als zweiter Redner nach Xi sprechen. (Jonny Erling, 1.4.2018)