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Airbus hatte eingeräumt, dass dem Konzern ohne den ersehnten Emirates-Auftrag nichts anderes übrigbleibe, als die Produktion des A380 einzustellen.

Foto: REUTERS/Philippe Wojazer

Happy End für John Leahy: Der in Pension gehende Verkaufsleiter von Airbus beschließt seine über dreißigjährige Karriere bei dem europäischen Flugzeugbauer mit einem Bravourstück. In Dubai konnte er am Donnerstag bekanntgeben, dass die Fluggesellschaft Emirates 36 A380-Maschinen bestellt. Der Auftrag im Wert von 16 Milliarden Dollar – abzüglich der handelsüblichen Mengenrabatte – teilt sich auf in 20 Festbestellungen und 16 Optionen.

Die A380-Produktion ist damit für mindestens ein halbes Jahrzehnt gesichert. Anfang dieser Woche hatte der ebenfalls abtretende Airbus-Generaldirektor Fabrice Brégier ankündigen müssen, dass pro Jahr nur noch sechs A380 aus der Endmontage im südfranzösischen Toulouse rollen würden. Und Leahy fügte mit steinerner Miene an, dass die Herstellung ganz eingestellt werde, "wenn Hauptkunde Emirates keine neuen Maschinen bestellt".

Letzter Bluff

Nachträglich erweist sich dieser Wink als letzter Bluff in einer monatelangen Pokerpartie. Emirates-Direktor Tim Clark, der in einem Jahrzehnt fast die Hälfte aller 222 ausgelieferten A380 gekauft hat, versuchte Airbus zu einer Renovation des A380-Programms zu überreden. Doch Airbus-Vorsteher Tom Enders erachtet die Ausrüstung des Doppeldeckflugzeugs mit neuen Motoren für zu kostspielig. Im November zahlten es ihm die Gastgeber der Airshow in Dubai heim – und bestellten keine A380, sondern gingen beim Konkurrenten Boeing auf Shoppingtour. Von Airbus verlangte Clark, dass die Produktion des A380 auf zehn Jahre hinaus garantiert werde.

Leahy ließ sich aber nicht in Bockshorn jagen und drohte am Montag postwendend, die Fertigung des A380 ganz zu stoppen. Bluff oder nicht, sind die Emirates nun darauf eingegangen. Als guter Gewinner gab Leahy generös die "Zusage, den A380 noch mindestens zehn Jahre lang zu produzieren". Womit auch Tim Clark sein Gesicht gewahrt hat – und Airbus auf den Totalumbau des Riesenflugzeugs mit neuen Triebwerken verzichten kann. Als Folge legte die Airbus-Aktie stark zu.

Wichtiger Coup

Für die Europäer ist der Coup doppelt wichtig. Nach einem ganzen Jahr ohne Bestellung kann der A380 einer mittelfristig gesicherten Zukunft entgegenblicken. Das freut und betrifft alle 134.000 Airbus-Mitarbeiter, ist doch der Supervogel, der zwölf Milliarden Euro an Entwicklungskosten verschlang, ein wichtiger Bestandteil der ganzen Modellpalette von Airbus. Das Ausbleiben von A380-Aufträgen überschattete am Montag sogar die Ankündigung, dass Airbus mit 1.109 Bestellungen 2017 einen neuen Jahresrekord weit vor Boeing (912 Bestellungen) erzielt hat. Unter anderem erhielten die Europäer Ende des Jahres von Indigo Partners eine Megaorder über mehr als 400 A320-Maschinen.

Mit dem unerwarteten Milliardenauftrag kann Leahy nicht seinen größten, aber wohl seinen wichtigsten Erfolg feiern. Paradoxerweise schaffte er es als Amerikaner, das Monopol von Boeing in der internationalen Luftfahrt zu brechen und den europäischen Herausforderer Airbus von einem Marktanteil von 20 Prozent im Jahr 1985 auf heute 50 Prozent hochzutreiben. Und das vermutlich ohne okkulte Schmiergelder, die derzeit anderen Airbus-Managern von der Justiz etlicher Länder vorgehalten werden. Am Gesamterfolg des europäischen Konsortiums hat Leahy wohl mehr Anteil als so mancher Airbus-Boss der letzten Jahrzehnte. Mit dem A380-Order durch Emirates macht er sich selbst das schönste Abschlussgeschenk.

Für den A380 bleibt 2017 allerdings ein schwarzes Jahr ohne jeden Bestellungseingang. Der Supervogel mit 500 bis 800 Sitzen ist einfach kein Verkaufsschlager. Kleinere Airbus- und Boeing-Modelle wie der A350 oder der B777 sind heute gefragter. Das kann sich mit steigenden Ölpreisen wieder ändern. Der A380 werde bis "weit in die Dreißigerjahre gebaut" werden, zeigte sich John Leahy am Donnerstag überzeugt. Aber nur, wenn sein Nachfolger Eric Schulz ab Februar ebenso gute Arbeit leisten wird wie Leahy. (Stefan Brändle, 18.1.2018)