In der archäologischen Prospektion und hier speziell in der Luftbildarchäologie gilt der Westen der Halbinsel Jütland in Dänemark als Eldorado. Herrschen die richtigen Bedingungen, sind archäologische Strukturen aus der Luft in außergewöhnlichem Detailreichtum erkennbar. Dafür verantwortlich sind Untergrundmaterialien, die in diesem Teil Jütlands zumeist aus Sandablagerungen und sandigen Böden bestehen. Wer schon einmal in Jütland war, kennt die ausgedehnten Dünenlandschaften entlang der Küste und die kilometerlangen Sandstrände, die als Ausgleichsküste bezeichnet werden.

Die bodenphysikalischen Eigenschaften von Sand sorgen in den meisten Fällen für einen sehr guten Kontrast zu archäologischen Strukturen, zum Beispiel mit Oberbodenmaterial verfüllte Pfostenlöcher, Gräben oder Gruben, aber auch Steinmauern. Das gilt im Speziellen für die in der Luftbildarchäologie wichtigen Bewuchsmerkmale von Getreidepflanzen. Seit 2009 wird in Jütland deswegen luftbildarchäologisch geforscht – mit hervorragenden Ergebnissen.

Luftbildarchäologie in Dänemark. 2008 waren die eisenzeitlichen Gehöfte mit ihren Umfassungsgräbchen und Langhäusern der Fundstelle Vesterarger detailliert als Bewuchsmerkmale sichtbar.
Foto: Lis Helles Olesen, 7.7. 2008

Unterschiedliche Methoden

Wie sieht es aber mit anderen archäologischen Prospektionsmethoden aus? Wie verhalten sich Bodenradar und Geomagnetik unter den in Jütland vorherrschenden Bedingungen, und welche Vorteile ergeben sich durch den komplementären, also wechselseitigen Gebrauch verschiedener Methoden? Um diesen Fragen nachzugehen, haben wir uns im September 2014 auf den Weg nach Dänemark gemacht, im Gepäck drei motorisierte Messgeräte. Die Prospektionen erfolgten in Zusammenarbeit mit dem Holstebro-Museum im Rahmen des dänischen Forschungsprojekts "Fortiden set fra himlen – luftfotoarkæologi i Danmark" unter der Leitung unserer dänischen Kollegin Lis Helles Olesen.

Untersucht wurden unter anderem drei Fundstellen, die zum Vergleich allesamt bereits erfolgreich mittels Luftbildarchäologie prospektiert worden waren: eine späteisenzeitliche Siedlung bei Vesterarger, eine wikingerzeitliche Siedlung bei Stadil Mølleby und ein mittelalterliches Dorf bei Rysensten. In fünf Tagen konnten wir so insgesamt 37 Hektar Magnetik- und 24 Hektar Bodenradardaten sammeln.

Roland Filzwieser im Einsatz mit dem motorisierten Bodenradar vom Typ Spidar.
Foto: Erich Nau
Manuel Gabler steuert das zweite Bodenradar Mira 1, die Kuhherden immer im Blick.
Foto: Erich Nau

Quarz im Boden

Die Feldarbeit stellte jedoch nur den ersten Schritt dar. Mein Kollege Roland Filzwieser hat das vergangene Jahr damit verbracht, die geophysikalischen Daten aus Jütland in zwei Fallstudien zu untersuchen. Die Ergebnisse der geomagnetischen Messungen waren durch die physikalischen Eigenschaften des Untergrunds erwartungsgemäß weniger ergiebig als jene des Bodenradars. Das liegt an den quarzreichen Sandablagerungen im Westen Jütlands. Quarz ist diamagnetisch, was bedeutet, dass dieses Material ohne externes Magnetfeld kein eigenes Magnetfeld besitzt, also nicht magnetisch ist.

Auch die Bodentypen, die sich auf Sandablagerungen bilden, besitzen meist nur schwach ausgeprägte magnetische Eigenschaften, und das sind eher schlechte Voraussetzungen für die Detektion archäologischer Strukturen. Trotzdem konnte auch in den geomagnetischen Daten eine große Zahl an archäologischen Strukturen entdeckt werden – vor allem Pfostenlöcher innerhalb von Gebäuden und Grubenhäusern. Eine Rolle spielen könnte die Verrottung von Holzpfosten an Ort und Stelle oder das Verfüllen der Pfostenlöcher mit verbranntem Material aus Feuerstellen – Prozesse, die eine erhöhte Magnetisierung zur Folge haben und deren Spuren darum von den Magnetometern erfasst werden können.

Daten der Geomagnetik (oben) und des Bodenradars (unten) des Zentralbereichs der Siedlung Stadil Mølleby zeigen ein eisenzeitliches Gehöft.
foto: LBI ArchPro
Kombinierte Interpretation der wikingerzeitlichen Siedlung Stadil Mølleby. Die einzelnen Gehöfte sind gut zu erkennen.
foto: LBI ArchPro

Mehrere Besiedelungsphasen

Weitaus bessere Ergebnisse haben wir durch den Einsatz des Bodenradars erzielt, wie man gut an den Ergebnissen in Stadil Mølleby sehen kann. Insgesamt 15 Hausstrukturen mit einer Grundfläche bis zu 400 Quadratmetern waren in den Daten sichtbar. Aufgrund der spezifischen Grundrisse der Gebäude können diese grob gewissen historischen Perioden zugeordnet werden. So gelten die konvex geformten Wände einiger Gebäude als typisch für die Wikingerzeit, wie zum Beispiel ein großes, zentral gelegenes Gebäude des Trelleborg-Haustyps, das auf das 10. oder 11. Jahrhundert datiert. Ein gerader Wandverlauf kann in einem gewissen Kontext hingegen auf eine frühere Konstruktion oder auf ein Nebengebäude hindeuten.

Die verschiedenen Gebäude werden vielfach von Zäunen umgeben oder verbunden und als Gehöfte interpretiert. Auch die Lage der einzelnen Gebäude zueinander, die sich teilweise überschneiden, ist von Bedeutung, denn sie zeigt deutlich, dass die Siedlung in mehrere Besiedelungsphasen aufgeteilt werden kann, also mehrphasig ist. All diese Beobachtungen ergeben in Summe das Bild eines Dorfes, das von der späten Eisenzeit bis ins Frühmittelalter Bestand hatte; eine Besiedelungsdauer von mehreren Jahrhunderten. Die geophysikalischen Prospektionsdaten deuten für Stadil Mølleby auf einen Siedlungsbereich von über einem Hektar; basierend auf den Luftbildaufnahmen angrenzender Flächen dürfte dieser allerdings sogar noch größer gewesen sein.

Die Gegenüberstellung der Interpretation von Luftbild-, Geomagnetik- und Bodenradardaten der frühmittelalterlichen Fundstelle Vesterarger veranschaulicht, warum ein komplementärer Ansatz in der archäologsichen Prospektion so wichtig ist.
foto: LBI ArchPro

Welche Technik für welche Fragestellung

Die Fundstelle Vesterarger veranschaulicht besonders die Vorteile eines komplementären Ansatzes bei der Prospektion. Der Einsatz der Luftbildarchäologie hat in diesem Untersuchungsgebiet drei Gehöfte mit eisenzeitlichen Langhäusern zum Vorschein gebracht. Die Verwendung von Bodenradar und Geomagnetik konnte zusätzliche Detailinformationen liefern, beispielsweise dass sich die als Außenwände der Langhäuser interpretierten Strukturen aus eng aneinandergereihten einzelnen Pfostenlöchern zusammensetzen. Methodologisch ist dabei von Bedeutung, dass keine der drei angewandten Prospektionstechniken alle bekannten Strukturen detektieren konnte. Nur der komplementäre Einsatz von Luftbildarchäologie, Bodenradar und Geomagnetik konnte den Untergrund annähernd vollständig abbilden, soweit man hier von vollständig sprechen kann.

Warum werden dann nicht immer mehrere Techniken eingesetzt, könnte man jetzt fragen. Der Grund dafür liegt weniger in der Akzeptanz dieses methodischen Ansatzes, sondern eher in budgetären Engpässen, die oftmals nur den Einsatz einer Prospektionsmethode erlauben. Umso wichtiger ist es darum, in Studien wie den hier vorgestellten zu erforschen, welche Technik unter welchen Bedingungen und für welche Fragestellungen am besten geeignet ist.

Bodenradar und Geomagnetik zeitgleich im Einsatz.
Foto: Erich Nau

Die Resultate unserer dänischen Prospektionen sind mittlerweile in internationalen Fachjournalen veröffentlicht, und wir hoffen, bald wieder mit neuen Forschungsfragen im Eldorado der Prospektion messen zu können. (Petra Schneidhofer, Roland Filzwieser, 18.1.2018)