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Mit dem offenen Brief von Blackrock-Chef Larry Fink gewinnt die Diskussion über die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen neuen Schwung.

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New York – Ist ein Unternehmer allein seinen Aktionären und vielleicht noch seinen Mitarbeitern gegenüber verantwortlich, oder trifft ihn eine Verpflichtung, auf das Wohlergehen der Gesellschaft als Ganzes zu achten? Mit einem erstaunlichen Aufruf hat sich am Dienstag Larry Fink, der Chef des Vermögensverwalters Blackrock, in diese Debatte eingeschaltet.

In einem offenen Brief ruft Fink Firmenbosse weltweit dazu auf, sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst zu werden und zu stellen. Er schreibt von der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich und einer bedrohlichen Polarisierung vieler Gesellschaften. Millionen von Menschen würden mit ihrem Einkommen kaum noch über die Runden kommen. Eine Folge der stagnierenden oder sinkenden Löhne werde sein, dass Menschen im Alter zunehmend in die Armut abrutschen werden. Implizit warnt der Blackrock-Chef davor, Investitionen aus Konzernen abzuziehen, die nicht zeigen, wie sie gegen die erwähnten negativen Trends vorgehen und "welchen positiven Beitrag sie zur Gesellschaft leisten".

Ob das nur eine PR-wirksame Drohung ist oder Fink die Sache ernst meint, wird sich zeigen. Sicher ist, dass seine Stimme Gewicht hat. Blackrock ist der mit Abstand größte Asset-Manager der Welt. Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen 6,28 Billionen US-Dollar (5,1 Billionen Euro) im Auftrag seiner Kunden in Unternehmen investiert. Der Fokus von Blackrock liegt in der Vermögensverwaltung für US-Kunden, das Unternehmen ist aber auch in Europa aktiv. An der deutschen Börse ist Blackrock zum Beispiel der größte Einzelinvestor.

Larry Fink: Unternehmer sind der Gesellschaft verpflichtet.
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Fink schreibt aber nicht nur über soziale Polarisierung. "Eine Reihe von Regierungen verabsäumen es, ihre Staaten für die Zukunft vorzubereiten", beklagt er sich, etwa wenn es darum geht, mit den Auswirkungen der zunehmende Automatisierung fertigzuwerden. "Infolgedessen wendet sich die Gesellschaft zunehmend an den privaten Sektor und fordert Unternehmen auf, sich größeren gesellschaftlichen Herausforderungen zu stellen", so Fink, der sich jedes Jahr einmal in einem offenen Brief an Unternehmen wendet, in die Blackrock investiert hat. "Unternehmen müssen allen ihren Interessengruppen, einschließlich der Aktionäre, Mitarbeiter, Kunden und der Gemeinschaften, in denen sie tätig sind, zugutekommen."

Finks Brief reiht sich in eine Reihe von Wortmeldungen von Investoren und Unternehmen ein, die vor der sozialen Spaltung in den USA und einer Rückkehr zum Feudalismus warnen. Im Sommer ließ Ray Dalio, Chef von Bridgewater Associates, einem der größten Hedgefonds der Welt, mit der Aussage aufhorchen, dass die soziale Kluft ähnlich bedrohliche Ausmaße wie in den 1930er-Jahren erreicht habe. Der Internetmilliardär Nick Hanauer argumentiert ähnlich. Vor wenigen Wochen schaltetet sich Abigail Disney, Enkelin von einem der Disney-Gründer, in die Debatte um die Steuerreform ein und warnte davor, dass die Steuerentlastung in den USA 2018 vor allem Reichen auf Kosten der restlichen Gesellschaft zugutekommen wird. (szi, 17.1.2018)