Peter Paul Kainrath: ab 2020 Intendant des Klangforums.

APA/GREGOR KHUEN BELASI

Wien – Eine Infogeste ans Publikum: Im Wiener Konzerthaus betritt Sven Hartberger, Leiter des Klangforums Wien, die Bühne des Mozartsaals, um vor der ersten Komposition des Abends seinen Nachfolger zu präsentieren: "Er hat nicht nur einen Namen, er ist auch hier – Peter Paul Kainrath!" Applaus. Der künftige Intendant (ab 1. Jänner 2020), der von Orchestermusikern und Vorstand einstimmig gewählt wurde, ist für das Wiener Moderneensemble jedoch kein Unbekannter.

Der in Bozen geborene Konzertpianist (Jahrgang 1964) war künstlerischer Leiter des Festivals Klangspuren Schwaz, wo das Klangforum seine Auftritte hatte. Später, 2001, gründete Kainrath das Transart-Festival zeitgenössischer Kultur in Südtirol, bei dem er die Neue Musik forcierte und auch spartenübergreifende Aspekte betonte. Auch dort war das Klangforum schon zu Gast, das Kainrath im Gespräch als "die Wiener Philharmoniker der Neuen Musik" bezeichnet. "Das ist ganz wichtig: Das Klangforum ist nicht nur ein Ensemble für nur eine Szene. Es ist ein Vorzeigeprojekt für diese Stadt und für das Land."

Das Erfolgsmodell

Im Jahr 2020, wenn Kainrath seine Arbeit beginnt, wird das Klangforum 35 Jahre lang tätig gewesen sein. Es habe dabei längst "Unerschrockenheit" bewiesen. Kainrath erinnert dabei besonders an einen seiner Vorgänger, den verstorbenen Peter Oswald. "Ich bin für Neue Musik auch durch die Energie von Oswald begeistert worden." Dieser Energie gilt es wohl gerecht zu werden – wie auch jenem Niveau, das dem Ensemble unter der Intendanz von Hartberger zukommt.

Sein Konzept? "Das Erfolgreiche soll man nicht infrage stellen. Aber wenn man nicht quantitativ und qualitativ wachsen wollte, wäre man schon auf einem absteigenden Ast", so Kainrath. "In einem sich dynamisch wandelnden Feld zeitgenössischer Kunst und Musik muss die Exzellenz des Klangforums auch für ein breites Publikum begreifbar gemacht werden." Das Ensemble sei dabei nicht nur Diener des Musikbetriebes im Sinne des Bestehenden. "Es will vielmehr selbst gestalten." Kainrath stellt sich vor, dass "das Klangforum verstärkt über die bestehende Neue-Musik-Szene hinausreichend wirken" wird und "dabei als souveräner Gestalter neuer Strategien im gegenwärtigen Musikbetrieb eine noch stärkere Rolle spielen kann".

Über Mäuerchen

Der designierte Intendant sieht sich hierzu in einer guten Ausgangsposition der Vielseitigkeit: Er ist ja nicht nur künstlerischer Leiter des Internationalen Klavierwettbewerbes Ferruccio Busoni. Als weitere Positionen kommt jene des Deputy-Director der Biennale zeitgenössischer Kunst Manifesta dazu. "Vielleicht hat auch mein 'Multitasking' das Orchester interessiert", so Kainrath, dem Vernetzung ein Anliegen ist. "Es geht letztlich auch darum, den Sprung über alle Mäuerchen des Musikbetriebes zu wagen."

Das Neue in der Musik heute? "Für mich ist es die Zeitgleichheit vieler ästhetischer Positionen. In dieser Parallelität liegt der Fortschritt des Betriebes, und aus ihr ergibt sich ein Ganzes, das sich nicht in Grabenkämpfen erschöpft." Nach seiner Vorstellung im Mozartsaal erklang zunächst Edgar Varèses Ionisation und wirkte wie eine passend ausgelassene perkussive Begrüßung. (Ljubiša Tošic, 16.1.2018)