Türkis-blauer Regierungschef Kurz beim Bundespräsidenten: 53 Prozent finden die neue Koalition gut.

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Linz – Es dauert typischerweise ein Jahr, bis sich ein neu gewählter Bundespräsident im Bewusstsein der Österreicherinnen und Österreicher als überparteilich agierendes Staatsoberhaupt etabliert hat. So war es bei Heinz Fischer und allen seinen Vorgängern – mit Ausnahme von Kurt Waldheim, der in Umfragen nie eine sehr breite Mehrheit hinter sich versammeln konnte.

Auch der aktuelle Bundespräsident Alexander Van der Bellen tut sich da schwer. Anfang Dezember 2016 haben ihn 53,8 Prozent gewählt. Knapp 13 Monate und eine Regierungsbildung später zeigen sich weiterhin nur 53 Prozent mit seiner Wahl mehr oder weniger zufrieden. Verglichen mit einer Umfrage unmittelbar nach der Wahl im Vorjahr hat der Anteil der mit dem Wahlausgang "sehr zufriedenen" Befragten sogar abgenommen, von 29 auf 17 Prozent.

Klare Verteilung der Lager

"Die Regierungsbildung hat dem Bundespräsidenten in der Bevölkerung weder besondere Sympathien noch auffallende Kritik eingebracht", bilanziert Market-Institutsleiter David Pfarrhofer die Ergebnisse einer in der Vorwoche im Auftrag des STANDARD durchgeführten Umfrage. Zustimmung und Ablehnung der Person Van der Bellen orientieren sich weiterhin klar an den Lagern – 90 Prozent der FPÖ-Wähler sind mit Van der Bellens Wahl unzufrieden, obwohl er den Freiheitlichen erstmals seit 2006 wieder eine Regierungsbeteiligung ermöglicht hat.

"Umgekehrt hat die Regierungsbildung den Bundespräsidenten im Lager der Oppositionswähler vielleicht ein paar Sympathisanten gekostet. Aber die sagen halt jetzt, dass sie mit seiner Wahl einfach zufrieden sind, und eben nicht, dass sie 'sehr zufrieden' wären, wie sie das vielleicht vorher gesagt hätten", interpretiert der Meinungsforscher. Auffallend sei, dass Van der Bellen bei den Wählern unter 30 Jahren mit 24 Prozent sehr starker Zufriedenheit auf deutlich mehr Unterstützung in der Topkategorie kommt als bei Wählern über 50. Von denen sind nur 14 Prozent sehr zufrieden mit seiner Wahl.

Regierung besser bewertet als jene von 2013

Die Regierung, die Van der Bellen in der Vorwoche angelobt hat, wird in der Umfrage deutlich besser bewertet als jene rot-schwarze Koalition, die vor vier Jahren zustande gekommen ist. Damals sagten nur 30 Prozent, die Zusammenarbeit von Werner Faymanns SPÖ mit Michael Spindeleggers ÖVP sei alles in allem gut für Österreich, 53 Prozent sagten das Gegenteil.

Die Beurteilung der türkis-blauen Koalition ist ziemlich genau umgekehrt: 53 Prozent meinen, diese wäre alles in allem gut, 33 Prozent sagen das Gegenteil, die restlichen 14 Prozent trauen sich kein Urteil zu.

Eine genauere Betrachtung der Daten ergibt, dass Männer und ältere Befragte die neue Regierung in besonderem Maß gut finden. Erklärte Wähler der Freiheitlichen stehen mit 93 Prozent fast geschlossen hinter der Regierung, Wähler der ÖVP tun das ebenfalls zu 84 Prozent.

Blaue Handschrift wird nicht nur von Blauen erkannt

"Entscheidend dafür, dass die Wähler der Freiheitlichen bisher bei der Stange gehalten werden konnten, dürfte die Kommunikation der Parteispitze sein: Schon im Wahlkampf hat H.-C. Strache ja klargemacht, dass er aus der Opposition in die Regierung will. Bei der Regierungsbildung hat er von einer deutlichen blauen Handschrift gesprochen – und das wird ihm bisher geglaubt", sagt Pfarrhofer und belegt das mit Daten.

Die Frage, welche Partei sich bei den Verhandlungen mehr durchgesetzt habe, wird von 33 Prozent mit FPÖ und nur von 18 Prozent mit ÖVP beantwortet (41 Prozent sehen beide gleich stark, sieben Prozent haben keine Meinung). Wähler der Freiheitlichen, aber auch SPÖ- und Neos-Wähler sehen diese Regierung in besonders hohem Maß von der FPÖ geprägt.

Die einzelnen geplanten Maßnahmen werden unterschiedlich stark begrüßt.

Die geplante Strafverschärfung für Sexualdelikte finden 69 sehr gut und weitere 25 Prozent immerhin gut. Ähnlich hoch ist die Zustimmung zum Vorhaben, dass alle Kinder Deutsch lernen müssen, bevor sie in die Schule kommen (65 plus 27 Prozent).

Die geplante Aufstockung der Polizei kommt ebenso wie die angepeilte Senkung der Abgabenquote auf 40 Prozent und das Versprechen, keine neuen Steuern einführen zu wollen, auf eine insgesamt mehr als 80-prozentige Zustimmung.

Nur zwei von 14 abgefragten Regierungsvorhaben verfehlen die Mehrheit: Die Flexibilisierung der Arbeitszeit mit Arbeitstagen von bis zu zwölf Stunden wird von 53 Prozent mehr oder weniger deutlich abgelehnt. Die Aufhebung des Rauchverbots in der Gastronomie wird von 42 Prozent ganz und 19 Prozent überwiegend abgelehnt. (Conrad Seidl, 27.12.2017)