Jahrelang hat er die Rolle des Scharfmachers gespielt: Herbert Kickl. Nun ist er Minister, die FPÖ regiert – und wird sich selbst Kritik der Opposition gefallen lassen müssen.

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Das Kapitel Inneres des Regierungsprogramms umfasst zahlreiche Verschärfungen im Asylrecht und erhält durch die jüngsten Aussagen des Wiener Vizebürgermeisters Johann Gudenus (FPÖ) zusätzliche Brisanz. In einem Interview in der ORF-Sendung "Wien heute" schlug er vor, Asylwerber in Massenquartieren am Wiener Stadtrand unterzubringen. Das solle illegalen Migranten zeigen, dass "es in Österreich doch nicht so gemütlich ist, wie alle glauben", sagte Gudenus, der bald als blauer Klubobmann ins Parlament wechselt. Die Wiener SPÖ und die Wiener Grünen wiesen den Vorschlag entschieden zurück.

Am Rande der Stadt

Der Vorschlag, Asylwerber fernab der Bevölkerung konzentriert in Lagern, womöglich im Ausland, unterzubringen, kam in der Vergangenheit immer wieder. Noch als Außenminister hat sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vom sogenannten australischen Modell begeistert gezeigt. Das Land lässt prinzipiell keine Bootsflüchtlinge ins Land, sondern lässt sie in Lager auf Inseln im Südpazifik bringen. Immer wieder wird auch von Lagern für Asylwerber in Nordafrika gesprochen.

Eine individuelle Unterbringung für Asylwerber soll künftig in Österreich nicht mehr möglich sein, wenn es nach dem Willen der Regierung geht. Eine Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen soll unter anderem zentral Quartiere verwalten. Wie sich das beispielsweise auf bestehende private Pensionen, in denen Asylwerber untergebracht sind, auswirkt, ist noch nicht klar.

Die meisten großen Asylquartiere in Österreich wurden in den vergangenen Monaten nach und nach geschlossen, weil der Bedarf nicht mehr da war. Auch in Wien wohnt der Großteil aller Asylwerber mittlerweile in kleineren Unterkünften. Laut dem Wiener Flüchtlingskoordinator Peter Hacker leben derzeit in der Bundeshauptstadt rund 13.000 Flüchtlinge in Wohnungen. Drei größere Häuser betreibt der Bund als Rückkehreinrichtungen für Asylwerber mit negativem Bescheid: in Krumfelden bei Althofen in Kärnten, in Fieberbrunn in Tirol und in Steinhaus am Semmering. In den drei Einrichtungen können bis zu 400 Menschen untergebracht werden.

Starker Rückgang bei Asylanträgen

Die Zahl der Asylanträge ist stark rückläufig. In den ersten fünf Monaten 2017 gab es in Österreich 10.520 Asylanträge, was gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres mit 22.419 Anträgen ein Rückgang von 53 Prozent war. Heuer wird insgesamt mit rund 25.000 Asylanträgen gerechnet, 2016 waren es 42.000, und im Rekordjahr 2015 wurden 90.000 Asylansuchen gestellt.

Zur Erinnerung: Der von der nun abgelösten SPÖ-ÖVP-Regierung festgelegte Richtwert lag bei 37.500 zugelassenen Asylanträgen pro Jahr. Im neuen, schwarz-blauen Regierungsprogramm kommt eine konkrete Obergrenze nicht mehr vor, zwischen den Zeilen ist herauszulesen, dass die Anzahl massiv gesenkt werden soll.

Sachleistungen in der Grundversorgung

Künftig erhalten Asylwerber in der Grundversorgung nur noch Sachleistungen. Bei Antragsstellung wird Asylsuchenden ihr Bargeld abgenommen – zur Deckung der Grundversorgungskosten, wie es heißt. Verkürzt werden sollen im Verfahren die Beschwerdefristen. Wenn eine positive Feststellung der Identität nicht möglich ist, kommt es zu einer negativen Feststellung.

Zeichen der Offenheit sind im Regierungsprogramm spärlich gesät: Für "besonders vulnerable Gruppen" ist ein Resettlement-Kontingent vorgesehen. In Grundversorgungseinrichtungen sollen Brückenklassen zur Erlangung von Deutschkenntnissen eingerichtet werden. (Michael Simoner, 20.12.2017)