Beim Familienbonus steckt der Teufel im Detail, und an Detailinformationen mangelt es.

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Wien – Er gilt als eines der griffigsten Ergebnisse, die im Lauf der türkis-blauen Koalitionsverhandlungen präsentiert wurden: der Steuerbonus für Familien, der laut Zeitplan ab 2019 schlagend werden soll.

Während andere Verhandlungsergebnisse sich teilweise auf Absichtserklärungen beschränkten oder in Rücknahmen von bereits akkordierten Reformen bestanden – Stichwort Raucherregelung und Noten an Schulen –, ist der Familienbonus eine von der ÖVP neu entwickelte Maßnahme. Die FPÖ hat diesen Vorschlag dem Vernehmen nach in weiten Teilen akzeptiert. Der Bonus soll helfen, Familien finanziell zu entlasten, aber wie immer steckt der Teufel im Detail, und an Detailinformationen mangelt es.

Mehr für Besserverdienende

Fest steht, dass Haushalte mit Kindern, die steuerpflichtig sind, bei der Steuerleistung entlastet werden sollen. Je höher das Einkommen und je mehr Kinder, desto höher die Ersparnis – so lautet das Prinzip bei jeder Form der Steuerbefreiung. Bis zu 1.500 Euro soll man sich durch den Familienbonus zurückholen können.

Am Montag wurde bekannt, dass die ÖVP die Kritik, dass nur Gutverdienende in den Genuss der Entlastung kommen, nicht auf sich sitzen lassen wolle und dass man nun entsprechende Sonderregeln für Alleinerziehende plane.

Zum Hintergrund: Alleinerziehende Frauen gehören zu den am stärksten von Armut betroffenen Gruppen. Sie profitieren in der Regel aber kaum von Steuerbefreiungen wie dem Familienbonus, weil ihr Erwerbseinkommen so gering ist, dass sie gar keine oder nur wenig Steuer abführen. Eine Direktzahlung würde ihnen mehr bringen, sagt Ingrid Moriz, Frauenpolitikexpertin von der Arbeiterkammer Wien.

Die Koalitionsverhandler überlegen nun, Alleinerziehende über eine Art Negativsteuer zu entlasten. Das heißt: Sie sollen den Steuerbonus von ihrer Steuerlast abziehen können und würden den Minusbetrag, der sich daraus ergibt, angerechnet bekommen. Bis zu 1.250 Euro im Jahr sollen Alleinerziehende auf diese Weise erhalten können.

Welchen Bonus jene Betroffenen erhalten, die überhaupt kein steuerpflichtiges Einkommen haben, ist unklar. Das müsse dann das zuständige Ministerium entscheiden, sagt ein ÖVP-Sprecher.

Alleinerziehende kritisch

Wenig Freude mit dieser Regelung hat die Österreichische Plattform für Alleinerziehende. Auch eine Ausgleichszahlung ändere nichts daran, dass Steuerbefreiungen sich an Besserverdienende richten – und somit Alleinerziehende tendenziell benachteiligen. Sie befürchten zudem, dass sich der steuerpflichtige Expartner den Familienbonus holen, aber nicht an das alleinerziehende Elternteil weitergeben könnte. "Es ist extrem schwer, das Geld vom getrennten Partner einzufordern", sagt Sprecherin Jana Zuckerhut, es gebe keine Kontrolle und keine Sanktionen. Den Klagsweg zu beschreiten sei den meisten Betroffenen nicht möglich.

Eine Antwort auf diese Frage haben auch die Regierungsverhandler noch nicht. Auch das seien Details, die dann das jeweils zuständige Ministerium klären müsse, heißt es. Wer Alleinerziehenden helfen wolle, so Interessenvertreterin Zuckerhut, sollte in den Ausbau von Gratisbetreuungsplätzen oder Gratisverpflegung in Kinderbetreuungsstätten investieren.

Ein Ausbau von Sachleistungen wäre zudem ein effizienteres Mittel der Familienförderung als Steuerbefreiungen, glaubt Ingrid Moritz, Familienpolitikexpertin der Arbeiterkammer Wien.

Die ÖVP veranschlagt den Steuerbonus inklusive Negativsteuer mit insgesamt zwei Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Ausbau der Kinderbetreuungsplätze wurde in den Jahren 2014 bis 2018 mit insgesamt 350 Millionen Euro veranschlagt. Im Finanzrahmen 2017 bis 2020 verzichteten die rot-schwarzen Regierungsparteien hingegen auf eine solche Aufstockung. Begründung: Dafür fehle es derzeit an Geld. (Maria Sterkl, 13.12.2017)