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Österreichs Soldaten üben bald auch im Rahmen von "Pesco".

Foto: AP Photo/Ronald Zak

Für die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sind die Pläne zur Bildung einer losen "Verteidigungsunion" im Rahmen des EU-Gemeinschaftsrechts "einer der größten Fortschritte, den es seit Jahrzehnten gegeben hat". Am Montag haben die EU-Außenminister in Brüssel auch formell jene "verstärkte militärische Zusammenarbeit" beschlossen, auf die sie sich beim informellen Treffen in Tallinn im September bereits geeinigt hatten.

Außenminister Sebastian Kurz und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil hatten damals seitens Österreich die Zusage einer Beteiligung gegeben. Ein echtes EU-Militärbündnis, wie Kritiker meinen – die Grünen in Österreich sehen laut Bundessprecher Werner Kogler die Neutralität "aufs Spiel gesetzt" –, entsteht nicht.

25 Länder nehmen teil

Formell handelt es sich um eine "permanente strukturierte Kooperation" (englische Kurzform: Pesco) zwischen nationalen Armeen. 25 der 28 EU-Staaten nehmen auf freiwilliger Basis teil, auch alle anderen neutralen Staaten wie Irland, Schweden oder Finnland. Neben dem bündnisfreien Malta machen nur Großbritannien und Dänemark nicht mit. Letztere setzen ganz auf die Nato, haben in den EU-Verträgen auch sonst wichtige Ausnahmen, etwa bei der Euroteilnahme.

Die Pesco verfolgt das Ziel, dass die europäischen Partner (von denen 22 gleichzeitig bei der Nato sind) langfristig unabhängiger vom transatlantischen Militärbündnis, also von den USA, werden. Das Konzept sieht aber vor, dass die Europäer sich eng mit der Nato abstimmen – den "europäischen Pfeiler" stärken.

So wie bei der "Nato-Partnerschaft für den Frieden" (Österreich ist daran seit den 1990er-Jahren beteiligt), wird es im Rahmen der Pesco zunächst zu einzelnen Projekten der Kooperation im Frieden kommen. Die EU-Außenminister haben vorläufig 17 solcher Kooperationen beschlossen.

Das Bundesheer ist dabei

Österreich wird sich an vier Projekten beteiligen, angelehnt an den Stärken des Bundesheeres. So soll es unter der Führung von Italien ein Programm zum gemeinsamen Katastrophenschutz geben, unter der Führung Griechenlands eines gegen Cyberbedrohungen. Deutschland leitet ein Logistikprogramm für militärischen Transport und Trainings, an dem Wien partizipiert. Schließlich will Österreich seine Erfahrungen von Gebirgsjägern in ein Pesco-Programm einbringen. Die politische Dominanz der Militärkooperation wird bei Frankreich und Deutschland liegen. Nach dem EU-Austritt von Großbritannien 2019 werden sie die größten EU-Mächte sein. Allein Frankreich besitzt dann Atomwaffen, hat einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Bisher hat London die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) stets verhindert.

Die 17 Projekte reichen von schnellen Eingreiftruppen über die Verbesserung von Meeres- und Grenzschutz bis hin zur Einrichtung eines gemeinsamen Kommandozentrums in Brüssel und eines Medizinzentrums. Von der Leyens Hinweis auf einen historischen Schritt ist insofern zutreffend, als Bemühungen für eine Militärunion beim Start der Gemeinschaft in den 1950er-Jahren vor sechs Jahrzehnten gescheitert waren – an Frankreich.

Die EU-Kommission begrüßte den Beschluss des Rates. Gemäß den Vorschlägen von Präsident Jean-Claude Juncker soll nun als nächster Schritt der Aufbau eines gemeinsamen Rüstungsfonds ab 2018 angegangen werden. Er soll Rüstungsindustrie und nationale Beschaffung harmonisieren. (Thomas Mayer aus Brüssel, 11.12.2017)