Nöhagen – An eine idyllische Teichlandschaft erinnert hier wenig: 14 blaue Stahlbecken stehen nebeneinander in dem düsteren Raum. Sie sind durch graue Rohre, von denen das Wasser gleichmäßig in die Becken spritzt, miteinander verbunden. Es riecht nach Fischfutter. "Die sind schon groß geworden", sagt Walter Hengstberger und leuchtet mit einer Taschenlampe ins Wasser. Armlange Fische mit schwarzen Fäden an beiden Seiten des Maules schwimmen dicht aneinandergedrängt.

Ein Videorundgang im Kreislaufsystem der Fischzucht
DER STANDARD

Manche wagen sich bis an die Oberfläche und spritzen Wasser aus dem Becken. "Afrikanische Welse", erklärt Hengstberger. "Normalerweise würden die sich gegenseitig auffressen. Der Körperkontakt macht sie friedlicher." 400 Fische tummeln sich in den einzelnen Becken, bis zu eineinhalb Kilo ist jeder von ihnen schwer. Wenn alles gut läuft, produziert Hengstberger am Ende des Jahres 15 Tonnen Fisch.

Hengstbergers Bauernhof liegt im kleinen Ort Nöhagen im Waldviertel in Niederösterreich. Ein Schild, das zu seiner Aquakultur führt, sucht man vergeblich. Die Anlage liegt versteckt hinter einem Garagentor, "damit nicht jeder zum Schauen vorbeikommt", sagt Hengstberger.

Walter Hengstberger hebt mit dem Kescher ein paar seiner Welse aus dem Container. Antibiotika braucht er für seine Zucht keine.
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Eigentlich betreibt der 48-Jährige eine Biogasanlage, welche Strom aus Gas erzeugt, das aus der Vergärung von Gülle und Silage entsteht. "Mit der zusätzlichen Wärme, die bei der Vergärung entsteht, kann ich das Wasser der Fischbecken auf konstante 28 Grad heizen", sagt er. Das habe ihn dazu gebracht, in die Fischproduktion einzusteigen. Die Container und die jungen Welse bekam Hengstberger von der Vermarktungsfirma Waldland, die in ihrem Betrieb in Oberwaltenreith unweit von Hengstbergers Betrieb begonnen hat, die Fische in Containern zu züchten.

Zucht in Kreislaufanlage

"Das Besondere an der Produktion ist, dass wir die Fische in einer sogenannten Kreislaufanlage züchten", sagt Gottfried Pichler, der das Projekt bei Waldland leitet. Er führt durch die Halle seines Betriebes. "Hier kommt der Fischlaich hinein", sagt er und zeigt zu der Wand, an der vier badewannengroße Aquarien hängen. Sind die Fische ein halbes Gramm schwer, transportiert Pichler sie in eines der größeren blauen Becken im Nebenraum. 18 Becken stehen wie bei Hengstberger dicht nebeneinander, aus den Lautsprechern erklingt eine Symphonie von Johann Sebastian Bach. "Die Musik beruhigt die Fische und schafft eine angenehme Atmosphäre", meint Pichler.

Als "Kreislaufanlage" bezeichnet Gottfried Pichler seine Fischzucht. In die grünen Trichter über den Becken kommt das Fischfutter.
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Die erste Station der Kreislaufanlage sind die Fischbecken, sagt er und zeigt zu der Reihe an blauen Containern. In die Trichter, die über den Becken angebracht sind, kommt das Fischfutter. Stoßen die Fische an einem Messstab an, fällt es automatisch ins Wasser. Über einen Abfluss pumpt die Anlage das verunreinigte Wasser in ein zweites Becken, in dem sich der Dreck an den Sedimenten absetzen soll. Schließlich wird es durch ein Gittergerüst gespült, das das Wasser wie ein Biofilter reinigt. Chemikalien oder Antibiotika sind laut Pichler keine notwendig.

"Das Wasser wird ständig im Kreis gepumpt. Dadurch braucht man für die Fischproduktion im Vergleich zu jener in Teichen nur ein Zehntel des Wassers", sagt Pichler. Produziert werden wie bei Hengstberger nur Welse, 50 Tonnen sind es pro Jahr. Diese verkauft Waldland, wenn nicht im eigenen Shop, unter anderem an die Restaurantkette Nordsee, wo sie am Ende auf einem der Sandwichs landen.

Seit zwei Jahren liefert Waldland seine Fischcontainer an Bauern in der Region, damit diese die Fischzucht ein Jahr lang ausprobieren können. Danach können sie sich dafür oder dagegen entscheiden, die Anlage fix auf ihrem Hof aufzustellen. Damit soll es den Bauern leichter ermöglicht werden, in die Fischzucht einzusteigen, so Pichler.

Der Otter findet den Weg in den Container naturgemäß nicht, außerdem ist der Wasserverbrauch niedriger als im Teich.

Container: weniger Platz und keine Otter

Die Initiative geht auf ein Projekt des Lebensministeriums zurück. Dieses sieht vor, die Produktion von Süßwasserfischen in Österreich bis 2020 von 2400 auf 5500 Tonnen zu erhöhen. Statt derzeit 34 Prozent solle Österreich 60 Prozent seines Bedarfs an Süßwasserfischen decken. Da bereits jetzt 75 Prozent der Fischbestände in Europa bedroht seien, könne die Aquakultur laut Lebensministerium eine weitere Produktion ermöglichen.

Österreichische Aquakultur bedeutet bisher meist, dass Fische in natürlichen oder künstlichen Teichen gezüchtet werden, allen voran Karpfen und Forellen. Pichler sieht den Vorteil von Containeranlagen darin, dass sie weniger Platz brauchen als Teichanlagen und leichter aufzustellen sind.

Pichler leitet das Projekt bei Waldland. Das Lebensministerium möchte drauf hinwirken, dass Österreich mehr vom Bedarf hierzulande züchtet.
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"Bei der Containeranlage brauche ich keine Angst zu haben, dass mir der Otter die Fische aus dem Teich frisst", meint Hengstberger. Für ihn sei die Fischzucht vor allem eine Alternative, zusätzlich Geld zu verdienen. Vor zwölf Jahren hatte er noch einen Stall mit vierzehn Kühen gleich neben seinem Familienhaus. Heute steht dieser leer, genauso wie viele andere Ställe in der Umgebung. Die Biogasanlage allein rentiere sich schon längst nicht mehr. Deswegen fährt Hengstberger zusätzlich jeden Morgen und Abend zu Milchbauern in der Region und nimmt Proben von Kühen. Im Winter kommt die Straßenreinigung hinzu, und er fährt mit dem Traktor aus, um Salz und Kiesel zu streuen.

"Von der Landwirtschaft ist noch keiner reich geworden", sagt Hengstberger und seufzt. Die Fischzucht ändere da auch nicht viel. Er kippt einen Eimer mit Futter in den Trichter über dem Becken. In Zukunft könnten statt dem herkömmlichen Futter aus Weizen und Fischmehl auch Fliegen herhalten, ist Hengstberger überzeugt. Dann könnte er die Fliegen auf dem Kompost in seinem Hof züchten und den Fischen statt dem teuren Futter die getrockneten Larven füttern. Für Hengstberger durchaus eine sehr reizvolle Idee: "Der Bauer, der von Kühen auf Fische, und von Fischen auf Fliegen umsteigt." (Jakob Pallinger, 5.12.2017)