"Seeparq" nennt sich Fritz Oettls "JAspern"-Nachfolgeprojekt in der Seestadt Aspern.

Visualisierung: POS

"Mischa" heißt ein Quartiershaus in der Seestadt, das die Genossenschaft EGW Heimstätte umsetzt.

Visualisierung: Koka Nonconform und EGW, SchreinerKastler

Eine Gruppe von Menschen, die gemeinsam ein mehrgeschoßiges Wohnhaus planen und bauen und später auch dort einziehen: Was für die einen nach viel zu viel Aufwand klingt, ist für andere die Erfüllung ihrer Wohnträume. In Wien gibt es solche Baugruppenprojekte vereinzelt schon seit den 1980er-Jahren, richtig Fahrt aufgenommen haben sie aber erst mit dem Stadterweiterungsprojekt Seestadt Aspern in Wien-Donaustadt ab etwa 2013.

Sechs Baugruppenprojekte wurden dort mittlerweile schon umgesetzt, fünf davon ("JAspern", "LiSA", "Pegasus", "Seestern", "B.R.O.T.") auf dem Baufeld D13 beim Hannah-Arendt-Park, das sechste ("Que[e]rbau") kam heuer in der Maria-Tusch-Straße ganz im Südosten der Seestadt dazu.

Quartiershäuser im Kommen

Zwei bis drei weitere folgen demnächst – je nachdem, wo man die Grenzen zieht. Mit den sogenannten Quartiershäusern in der Seestadt und am Hauptbahnhof sind nämlich Baugruppen-ähnliche Projekte am Laufen. Die Grenzen sind mitunter fließend.

Im Seeparkquartier der Seestadt werkt Architekt Fritz Oettl (POS-Architekten), der auch für "JAspern" verantwortlich zeichnete, bereits intensiv an einem Nachfolgeprojekt namens "Seeparq". Er plant ein Eigentumsprojekt, das heißt die Baugruppenmitglieder werden Eigentümer ihrer Wohnungen sein. Insgesamt sind 45 Einheiten mit einer Gesamtnutzfläche von rund 3500 m² geplant, außerdem Gewerbeflächen im Ausmaß von rund 1100 m². Ein Bioladen mit Vinothek wird einziehen, das ist laut Oettl schon fix. Gemeinschaftsflächen sind ebenfalls geplant, darunter "gemeinsame Luxusterrassen, von jedem Stockwerk aus begehbar", wie es auf der Website des Projekts heißt. Ein Schwimmteich bzw. "fast ein Kanal", wie Oettl sagt, wird auch errichtet werden.

Noch Mitstreiter gesucht

Ein "Nutzerbeirat" solle "das Baugruppenelement einbringen", wie Oettl dem Standard erklärt – also sich um das Zusammenleben im Haus kümmern, die Interessen der Wohnungseigentümer und der Büromieter ausgleichen. Von Letzteren steht einer schon fest: Oettl selbst wird mit seinemBaugruppen-Büro einziehen. Rund zehn Leute seien "schon seit Monaten dabei", weitere Mitstreiter werden noch gesucht. "Wir freuen uns über jeden, der noch mitmachen will", so Oettl. Der Baustart soll im Frühjahr erfolgen, für 2020 ist der Einzug geplant.

Im selben Jahr wird die Seestadt dann auch einen "Leuchtturm" bekommen. So nennt sich nämlich ein Baugruppenprojekt mit rund 50 Wohneinheiten im Quartier Am Seebogen nördlich des Sees. Im "Leuchtturm" wird das Zusammenleben mehrerer Generationen ein Thema sein, außerdem gibt es für die Sockelzone des Hauses diverse Überlegungen für kulturelle Nutzungen und das Thema Gesundheit. Beispielsweise gibt es Gespräche über die Schaffung eines Hebammenzentrums.

Petra Hendrich und Gernot Tscherteu vom Beratungsunternehmen Reality-Lab begleiten die Gruppe. Sie haben darin schon Erfahrung, denn sie haben auch die Baugruppe "Seestern" von Beginn an betreut.

Keine wie die andere

Was kann man vom "Seestern" zum "Leuchtturm" mitnehmen? Nicht viel, sagen die beiden. "Jede Gruppe ist anders, kein Prozess läuft gleich ab" , so Hendrich. Wie sich die Gruppe nach außen darstellt, wie sie die Bereinigung von Konflikten organisiert, und vor allem auch wie sie die Planung ihres Hauses organisieren möchte, da gebe es jedes Mal wieder ganz neue Zugänge, sagt Tscherteu. Und er weist darauf hin, dass es auch von der Lage abhänge, wie eine Gruppe "funktioniert".

Neben dem "Leuchtturm" begleiten die beiden auch noch weitere Baugruppen. Etwa "WillDaWohnen" am Rosenhügel in Meidling, wo bis zu 25 individuell gestaltbare Wohnungen und Maisonetten in vier Häusern geplant sind, die sich um einen gemeinsamen Hof gruppieren. Gemeinschaftsräume und Coworking-Flächen mit Besprechungsraum sind ebenfalls eingeplant. Die Gruppe befindet sich derzeit am Ende der Planungsphase, Mitglieder werden aber auch hier noch gesucht.

Etwas weiter ist man schon beim Projekt "Mischa", das im Seeparkquartier der Seestadt demnächst auf Baufeld J13, gleich hinter der "Fabrik", errichtet wird. Geplant sind mehrere Bauteile, einer davon wird nur Wohnungen beinhalten, ein weiterer ein Seniorenwohnheim.

Der dritte und höchste Bauteil mit zehn Etagen wird dann die namensgebende Mischung aus Gewerbe- und Community-Flächen beinhalten. Als Bauherr tritt hier die gemeinnützige EGW Heimstätte auf, geplant wurde von Koka Nonconform.

Baugruppe mit Biolandbau

Ein innovatives Projekt wird demnächst auch in Volkersdorf bei Graz entstehen. Die Gruppe "KooWo" hat sich dort zum Ziel gesetzt, ein bestehendes landwirtschaftliches Anwesen zu übernehmen und auf neue Beine zu stellen. Der Altbestand soll in das Baugruppenprojekt integriert werden, hier sind Gemeinschaftsflächen und Gästezimmer geplant, erklärt Heinz Feldmann, Vorstand der Wohnprojekte-Genossenschaft Wo-Gen, die das Projekt finanziert. Auch Coworking-Flächen soll es im Altbestand geben, außerdem will die Gruppe Biolandbau betreiben. In angrenzenden Neubauten sollen in einer Art Reihenhausstruktur 25 Wohneinheiten entstehen.

"Wer Nutzer werden will, muss zunächst Genossenschaftsmitglied werden", erklärt Feldmann das Prinzip der Wo-Gen. Die Mitglieder bringen gewisse Eigenmittel in Gesamthöhe von rund 20 bis 30 Prozent der Baukosten auf, der Rest wird über möglichst langfristige Darlehen finanziert.

Dass sich eine schon fast komplette Gruppe finde, die ein Projekt umsetzen will, sei der Idealzustand, sagt Feldmann, der in Wien etwa auch schon am preisgekrönten "Wohnprojekt Wien" federführend beteiligt war. Es geht aber auch anders: Beim "WoGen Quartiershaus" beim Wiener Helmut-Zilk-Park hat man zuerst ein Wettbewerbsprojekt entworfen; nach dem erfolgten Zuschlag sucht man nun eine Kerngruppe, die es ab kommendem Jahr umsetzen will.

Derzeit seien sieben Leute an Bord, etwa zwölf Personen sollte aber die Kerngruppe umfassen, die dann ab dem Frühjahr an der Einreichplanung arbeiten soll. Im Groben steht die Aufteilung fest: 1350 m² Wohnungen, 1800 m² mit Cluster-Nutzung, 2000 m² Gewerbeflächen in der Sockelzone. (Martin Putschögl, 2.12.2017)