Klassische Fahrkarten sind für die orangen Züge die Ausnahmeerscheinung, das Ticket kauft der Kunde vorher via Internet.

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Wien – Regiojet, der tschechische Newcomer auf Österreichs Schienennetz, fährt mit dem Winterfahrplan ab 10. Dezember mit einem neuen Vertriebskonzept ein. Klassische Fahrkarten wie beim Ex-Monopolisten ÖBB sind für die orangen Züge die Ausnahmeerscheinung. Reisende können Tickets auch im Zug kaufen wie bei der Westbahn, müssen aber einen Zuschlag zahlen.

Wer in die gelb lackierten Reisezugwagen einsteigt, muss vorher via Internet ein Ticket buchen. Um 15 Euro bekommt man in den ab 6.30 Uhr täglich alle vier Stunden zwischen Prag und Wien verkehrenden Zügen automatisch einen Sitzplatz in der Kategorie "Standard Klasse" (rund 70 Prozent der Sitzplätze im Regiojet). Wer nicht in Großraumreisezuwagen mit Bildschirm pro Sitzplatz sitzen will, fährt um 22 Euro in der "Relax Klasse" oder um 29 Euro in der "Business Klasse". Im Entgelt inkludiert sind Kaffee und Getränke, Buffetware wird serviert.

Ticketpreis retour

Reißt der Zug eine Verspätung auf oder fällt die Klimaanlage aus, bekommt der Fahrgast den Fahrkartenpreis rückerstattet oder kann die Fahrkarte beim nächsten Mal benützen, verspricht Radim Jancura, geschäftsführender Gesellschafter der mit Fernbusreisen ("Student Agency") groß gewordenen Regiojet.

Das ist bei der "ÖBB-Sparschiene", deren Preis für Fahrten nach Tschechien von 19 auf 14 Euro reduziert wird, nicht der Fall. Ist man krank oder verhindert, verfällt das Ticket, Entgelt wird nicht rückerstattet. "Das ist wie in einem Kasino", geißelt Jancura unterpreisige Angebote öffentlicher Unternehmen. Bei Regiojet sei ein Online-Storno bis 15 Minuten vor Abfahrt möglich.

Um auf Anzeigetafeln Verwechslungen mit dem ÖBB-Railjet zu verhindern, sind die orange lackierten Regiojet-Züge unter dem Kürzel RGJ ausgewiesen, das RJ bleibt den ÖBB vorbehalten.

Auf in den Preiskampf

Ob und wann Regiojet in Zukunft Budapest, Bratislava oder Graz anfährt, hänge davon ab, wie das Angebot angenommen werde – und vor allem, wie die Konkurrenz auf der Straße reagiere. "Wir führen keinen Preiskrieg", versichert Jancura, aber wenn Flixbus oder andere Fernbusanbieter einen führen, dann werde man eine "Low-Cost-Class" einführen. In der koste eine Fahrkarte dann neun Euro. Damit wäre Regiojet die erste Bahn in Österreich mit Vier-Klassen-Gesellschaft.

Womit klar ist, wen man als Hauptkonkurrenz sieht: die unter Preiserosion leidenden Fernbusse. Zugverkehr sei schneller und zuverlässiger als Omnibusse.

Geld verdienen will die mit der steirischen Graz-Köflacher-Bahn (sie fungiert als Operator) verbandelte Regiojet trotzdem. Mit 200 Passagieren pro Zug will man 2018 den Break-even erreichen, sprüht Jancura vor Optimismus. Die Investitionen (Leasing des Rollmaterials, Refurbishment der Wagons, Marketing und rund hundert Mitarbeiter) gibt er mit rund 50 Millionen Euro an.

Sparschiene gegen die Konkurrenz

Ob die ÖBB mit ihrer als "Dumping" kritisierten "Sparschiene" der Konkurrenz trotzen kann, bleibt abzuwarten. Ungemütlicher wird es jedenfalls, denn die großteils mit den blauen Railjets der tschechischen Staatsbahn Ceské dráhy (CD) geführten Verbindungen betreibt die ÖBB eigenwirtschaftlich, also ohne staatliche Stützung von Wien bis Breclav. Sie ist daher auf Fahrkarteneinnahmen angewiesen.

Dass der Wettbewerb intensiver wird, spürt der ÖBB-Personenverkehr auch an einer anderen Front: auf der Weststrecke zwischen Wien und Salzburg. Hier baut die die vom Industriellen Hans Peter Haselsteiner kontrollierte Westbahn ihr Angebot deutlich aus und fährt mit zusätzlichen Niederflurzügen künftig einen Halbstundentakt. Wobei nur jeder zweite Zug wie bisher am Westbahnhof startet und ankommt ("Westgreen"). Unter der Marke "Westblue" wird jede Stunde ein Zug von Wien-Praterstern über die Schnellbahn-Stammstrecke nach Wien-Hütteldorf und von dort nach Salzburg geführt. Der Wermutstropfen: VOR-Fahrscheine und Zeitkarten berechtigen nicht zur Fahrt mit Westbahn-Zügen auf der S-Bahnstrecke. (Luise Ungerboeck, 1.12.2017)