Mateschitz-Sonderkonjunktur: Salzburg definierte in den vergangenen Jahren das Wachstum der gesamtösterreichischen Kino- und Filmproduktion – der Filmwirtschaftsbericht führt das auf die Aktivitäten von Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz zurück.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Wien – Die Medienaktivitäten von Dietrich Mateschitz – Red Bull und Servus TV – sind verantwortlich für das Gesamtwachstum der Kino- und Fernsehfilmbranche: Das ist der Befund des Dienstag veröffentlichten Filmwirtschaftsberichts des österreichischen Filminstituts. Salzburgs Wachstumsraten, zurückzuführen auf die Mateschitz-Sonderkonjunktur, definierten das Wachstum der Branche, heißt es dort.

13.233 Prozent Steigerung

"Seit mehreren Jahren wird die Gesamtentwicklung des Bereichs der Produktion von Kino- und Fernsehfilm durch die Zahlen eines einzelnen Bundeslandes, nämlich Salzburg, geprägt", steht im Filmbericht. "Dieses Bundesland hatte in der Vergangenheit kaum Einfluss auf die Gesamtbranche, seit den Aktivitäten von Red Bull beziehungsweise Servus TV hat sich das deutlich geändert. Das Wachstum der Branche von 2012 bis 2014 ist im Wesentlichen durch die Werte aus Salzburg definiert."

Die Steigerungsraten klingen beeindruckend: "Zwischen 2011 und 2015 sind im Bundesland Salzburg in der Produktion von Kino- und Fernsehfilmen

  • die Umsätze um 533 Prozent,
  • die Personalaufwendungen um 1.291 Prozent und
  • die Bruttoinvestitionen um 13.233 Prozent gestiegen."
  • Die Zahl der Branchenunternehmen in Salzburg habe aber nur um zwölf Prozent zugelegt.

Der Filmbericht: "Diese Werte haben die gesamtösterreichischen Zahlen beflügelt."

Nun aber: Stagnation

Aber: Seit 2014 kann auch ein Dietrich Mateschitz nicht für weiteres Gesamtwachstum sorgen – selbst wenn die Branchenumsätze dort von 2014 auf 2015 noch einmal um elf Prozent zulegten, die Zahl der Beschäftigten im Jahresschnitt gar um 28 Prozent und die Lohnaufwendungen um 29 Prozent.

Dennoch: Der Filmwirtschaftsbericht konstatiert beim "bisherigen Wachstumsgaranten" der Gesamtbranche, also der Kino- und TV-Filmproduktion insgesamt, "de facto Stagnation" von 2014 auf 2015.

"Die gesamtösterreichischen Werte sinken, obwohl Salzburg nach wie vor stark und dynamisch wächst. Die Branche hat also – abgesehen von Salzburg – veritable Probleme", konstatiert der Filmwirtschaftsbericht.

Die Kino- und TV-Produktionsunternehmen hätten mit einem Prozent Plus "kaum Wachstum erzielt". Sie machen mit 544 Millionen Euro Umsatz mehr als die Hälfte der Brancheneinnahmen – 58 Prozent von 932 Millionen Euro Gesamtumsatz des Sektors.

11,4 Prozent des Umsatzes aus Förderungen

Die öffentlichen Förderungen sind laut Bericht von 58,5 Millionen Euro im Jahr 2014 auf 62 Millionen Euro im Jahr 2015 gestiegen. Aktuell macht die Herstellungsförderung also 11,4 Prozent der Umsätze der Produktionsunternehmen im Film- und TV-Bereich aus.

97,6 Millionen Euro vom ORF

Der ORF steigerte sein Vergabevolumen von 78,8 Millionen Euro 2014 und 85,2 Millionen Euro 2015 auf rund 89,8 Millionen Euro im Jahr 2016. Inklusive Förderungen laut Film/Fernsehabkommen vergab er 2016 97,6 Millionen.

Werbefilm verliert weiter

Der Werbefilm setze seinen Umsatzrückgang fort – von 2014 auf 2015 um 2,2 Prozent auf 46,2 Millionen Euro Gesamtvolumen.

Der Wirtschaftsfilm habe sich nach Verlusten in den vergangenen Jahren wieder "etwas erholt" – um 4,5 Prozent auf 33,7 Millionen Euro Gesamtvolumen 2015.

Fast um ein Drittel brach laut Filmwirtschaftsbericht der Umsatz der Nachbearbeitung von 2014 auf 2015 ein – um 27 Prozent auf 14,5 Millionen Euro.

Die Kinoeinnahmen legten um 13 Prozent zu auf 194,7 Millionen Euro Umsatz – das weitaus beste Ergebnis seit 2012.

Die Verleihfirmen verloren zum vierten Mal in Folge – nun um 1,9 Prozent auf 82,8 Millionen Euro Umsatz 2015. 2011 hatten sie noch mehr als 100 Millionen. "Die Digitalisierung der Kinos zeigt hier deutliche Folgewirkungen", schreibt das Filminstitut.

Die Videotheken, so noch vorhanden, setzen ihren Niedergang ungebremst fort. Seit 2012 hat sich ihr Umsatz beinahe halbiert, von 2014 auf 2015 verloren sie 30 Prozent auf nun 16 Millionen Euro.

Netflix und Co

Der Filmwirtschaftsbericht liefert keine Umsatzzahlen mit Streaming in Österreich. 2015 haben erstmals mehr als eine Million Menschen Abrufvideoangebote genützt. 2020 sollten es laut Prognosen an die 1,8 Millionen sein, zitiert der Bericht eine Triconsult-Umfrage von 2016/17 im Auftrag des Filminstituts. Demnach sollen 2020 1,1 Millionen Abonnenten Netflix nutzen.

"Noch sind es in erster Linie die Streamingangebote der TV-Sender, die die beliebtesten Inhalte der Österreicher und Österreicherinnen darstellen", betont der Bericht. Der ORF erreiche mit der TVthek mehr als 50 Prozent der Menschen, ATV 17 Prozent, ProSieben 15 und Puls 4 14 Prozent.

Der Bericht verweist auch auf eine Studie des European Audiovisual Observatory über die Inhalte von Netflix: In Österreich machten Filme aus der EU 18 Prozent des Netflix-Katalogs aus, ein Prozent kam aus anderen europäischen Ländern. 70 Prozent kamen aus den USA, weitere elf aus anderen Ländern. Österreichische Produktionen gab es demnach nicht.

DVDs eingeknickt

Die Zeiten "moderater Rückgänge" bei DVDs sind vorerst Geschichte – 2016 ging es steil bergab: Die Stückzahlen gingen von 2015 auf 2016 um 30,9 Prozent zurück, die Umsätze mit DVDs so drastisch wie noch nie um 30,5 Prozent. 2010 spielten 13,1 Millionen verkaufte DVDs noch 167,1 Millionen Euro ein, 2016 brachten es 6,6 Millionen Stück für 80,2 Millionen Euro nur noch auf weniger als die Hälfte.

9,1 Millionen DVDs und Blu-Rays wurden 2016 verkauft, ein Jahr davor waren es noch 12,8 Millionen Stück; der gemeinsame Umsatz ging von 166,1 Millionen Euro auf 119,4 Millionen Euro zurück – davon nur noch 39,2 Millionen Euro für Blu-Ray. Ein Minus von 28 Prozent in einem Jahr. (fid, 28.11.2017)