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Im chinesischen Cyberspace ist sie eine "weiße Linke": Angela Merkel

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Wenn Ihnen das Wortkundewort dieser Woche undeutsch und auch nicht deutsch-englisch vorkommt, haben Sie völlig recht. "Die Welt" berichtet, dass im chinesischen Cyberspace das Schmähwort "Baizuo" eine Hausse erlebe und speziell Kanzlerin Angela Merkel nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen damit bedacht werde.

Baizuo, erläutert das Mercator Institute for China Studies auf seiner Website www.merics.org, bedeute so viel wie "weiße Linke" und bezeichne naive, gebildete Menschen, die sich den Kampf für Frieden und Gerechtigkeit ausschließlich deshalb auf die Fahnen geheftet haben, um sich ihrer eigenen moralischen Superiorität zu vergewissern. In seiner selbstgefälligen Sturheit und seinem Beharren auf politische Korrektheit gehe der Baizuo so weit, dass er "den Einzug rückständiger islamischer Werte" erlaube.

Eine kursorische Internet-Rercherche zeigt, dass das Baizuo-Wort erstmals im Frühjahr 2017 breiter erörtert wurde. Die englischsprachige chinesische Tageszeitung "Global Times", die unter der Schirmherrschaft der kommunistischen Partei erscheint, meldete im Mai, die Verwendung des Begriffes werde stets populärer, um die Überheblichkeit westlicher Eliten anzuprangern, welche sich als "ideologische Agenda" auch gegen China richteten.

Angekommen ist das Baizuo-Wort offenbar auch in den USA. Das Urban Dictionary vervollständigt seine Bedeutungserklärung mit dem (fiktiven?) Zitat eines Technikstudenten, der sich darüber empört, dass an seiner Uni "Gender- und African-Studies" überhandnähmen und dies mit dem zweisprachigen Fluch "Fucking baizuo!" würzt. Als englisches Baizuo-Synonym bietet das Dictionary "Holier-than-thou" an, einen Ausdruck für die Attitüde des Frömmlers, der sich besser deucht als den Rest der Welt.

Ob sich der Baizuo im Deutschen als Alternative zum despektierlichen "Gutmenschen" einbürgern wird, bleibt abzuwarten. Dass allerdings jemand seine Häme zur Abwechslung einmal chinesisch formulieren möchte, ist keineswegs auszuschließen. (Christoph Winder, 26.11.2017)