Horst Seehofer hält dem Druck in der CSU weiter stand.

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Aus Sicht der CSU war der Donnerstag, was Aufmerksamkeit betrifft, ein guter Tag. Tagelang hatten politisch Interessierte nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen in Berlin natürlich auf die deutsche Hauptstadt geschaut. Doch nun – endlich – stand München wieder im Blickfeld.

In Berlin hatte Horst Seehofer ohnehin nichts mehr zu tun, Jamaika ist schließlich passé. Doch in München gab es an diesem Tag für den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef umso mehr zu erledigen. Seehofer, so war allgemein erwartet worden, würde zu Mittag in die Landtagsfraktion der CSU gehen und dort über seine Nachfolge reden.

Er selbst hatte danach eigentlich kein Bedürfnis verspürt, für ihn war lange Zeit klar: Beim Parteitag der CSU im Dezember lässt er sich wieder zum Parteichef wählen, als Spitzenkandidat für die bayerische Landtagswahl im Herbst 2018 tritt auch er an.

Doch dann setzte nach dem eklatant schlechten Abschneiden der CSU bei der Bundestagswahl (minus zehn Punkte) das Murren in der CSU ein, der Ruf nach personeller Erneuerung wurde laut.

Zuerst zur Fraktion

Während der Sondierungen hatte sich Seehofer Zeit erkauft und erklärt, nach den Jamaika-Gesprächen werde er einen Vorschlag machen, wie die CSU sich künftig personell aufstellen solle. Am Donnerstagmittag also war die Zeit abgelaufen – und Seehofer musste in die Höhle des Löwen. Die Landtagsfraktion nämlich zählte in den vergangenen Wochen schon mehrheitlich zum Söder-Lager. Man erhofft sich dort vom bayerischen Finanzminister neuen Schwung für die Wahl im Oktober 2018.

"Heute Abend wird alles klar sein", sagte Seehofer, als er sich den Weg zur Fraktion durch die Kameras bahnte. Er teilte zudem mit, dass er eine einvernehmliche Lösung in "Harmonie" und "Kameradschaft" anstrebe.

Meldung über Söder-Erfolg

Die Gespräche fanden natürlich hinter verschlossenen Türen statt, doch aus der Fraktion wurde fleißig hinausgemeldet, und so schickte der Bayerische Rundfunk am Nachmittag jene Meldung aus, die viele erwartet hatten: Seehofer bleibt CSU-Chef, Söder wird neuer Ministerpräsident.

Den einen klang diese Variante logisch, denn es war klar gewesen, dass Seehofer an Söder nicht mehr vorbeikommen würde. Andere wiederum meinten, jeder wisse, dass Seehofer und Söder einander nicht grün seien, eine solche Konstellation also wäre schon recht merkwürdig.

Und außerdem: So geschwächt war Seehofer gar nicht in die Fraktion gegangen. Er kann sich immerhin daheim in Bayern rühmen, in Berlin bei den Jamaika-Sondierungen keine CSU-Positionen preisgegeben zu haben. Und das nicht, weil es ja ohnehin kein Jamaika-Ergebnis gibt, sondern weil die CSU bis zum Schluss beim Thema Familiennachzug für Flüchtlinge hart geblieben war.

Heftige Dementis

Kaum war die Meldung, dass Söder Seehofer zumindest zur Hälfte beerben würde, in der Welt, folgten jedoch seitens der CSU sehr heftige Dementis. "Glauben Sie nicht alles, was geschrieben wird", warnte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer.

Und als Seehofer dann mit der Fraktion genug beraten hatte, da gab es zur Überraschung vieler eben keine Lösung. Fraktionschef Thomas Kreuzer erklärte, was man nicht ganz glauben mochte: "Über Namen und Personen wurde nicht gesprochen."

Vielmehr habe man einen Zeitplan ausgearbeitet: Seehofer will noch Gespräche führen, um die Spaltung der CSU zu überwinden. Voraussichtlich am 4. Dezember wird er dem CSU-Vorstand einen Personalvorschlag unterbreiten. Über diesen soll der Parteitag am 16./17. Dezember abstimmen. Eine abendliche Sitzung der CSU-Granden brachte diesbezüglich keine neuen Erkenntnisse.

Schulz bei Steinmeier

Aber natürlich war nicht München der Nabel der Welt, es tat sich auch in Berlin etwas. SPD-Chef Martin Schulz war bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue geladen, und man kann davon ausgehen, dass dies etwas von Beichtstuhlgespräch hatte.

Steinmeier will Neuwahlen vermeiden und hat alle Parteien gemahnt, sich Gesprächen über Regierungsbildung nicht zu verweigern. Schulz möchte keine große Koalition mehr, der Ruf nach einer Minderheitsregierung wird jedoch in der SPD immer lauter. (Birgit Baumann aus Berlin, 23.11.2017)