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Die günstige Konjunktur müsse zur Budgetkonsolidierung genutzt werden, sagt Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der EU-Kommission.

Foto: Reuters / FRANCOIS LENOIR

Brüssel – Die EU-Kommission warnt Österreich wegen der Nichteinhaltung der Budgetziele für 2018. In ihren Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters attestiert die Kommission auch vier weiteren Staaten – Belgien, Italien, Portugal und Slowakei – das Risiko, die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht zu erfüllen.

Der Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis zeigte sich am Mittwoch zwar erfreut darüber, dass die Konjunktur günstig sei, doch müsse das dazu genutzt werden, die Wirtschafts- und Währungsunion zu stärken und die Volkswirtschaften widerstandsfähiger zu machen. Die Kommission rufe deshalb jene Länder zu einer Korrektur ihrer Budgetplanung auf, die die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspfads zu verfehlen drohen.

Großbritannien aus Defizitverfahren entlassen

Außerdem empfahl die Kommission, Großbritannien aus dem Defizitverfahren zu entlassen, weil es habe sein übermäßiges Defizit fristgerecht und dauerhaft korrigiert habe. Damit sind nur mehr Frankreich und Spanien Teil des Verfahrens wegen eines übermäßigen Defizits. 2011, am Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise, waren es noch 24 EU-Länder.

Für 18 Staaten hatte Kommission ihre Bewertung der Budgetplanung abgegeben, bei sechs davon – Deutschland, Finnland, Lettland, Litauen, Luxemburg und Niederlande – gab es keine Beanstandungen. Estland, Irland, Malta, der Slowakei und Zypern attestierte die Kommission eine "weitgehende" Entsprechung des Pakts, allerdings könnte es eine gewisse Abweichung vom mittelfristigen Budgetziel geben.

"Korrektiver Arm des Stabilitäts- und Wachtsumspakts"

Bei Österreich, Belgien, Italien, Portugal und Slowenien wiederum besteht laut Kommission das Risiko, dass die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts 2018 nicht erfüllt werden. Hier "könnten die Übersichten über die Haushaltsplanung eine erhebliche Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung des jeweiligen mittelfristigen Ziels bewirken". Belgien und Italien dürften außerdem den Richtwert für den Schuldenabbau verfehlen.

Für Frankreich und Spanien, die wegen des Defizitverfahrens nach wie vor dem "korrektiven Arm des Stabilitäts- und Wachstumspakts unterliegen", bleibt die Lage eher kritisch. Bei Frankreich bestehe die Gefahr, dass die Vorgaben für 2018 nicht erfüllt werden und auch der Richtwert für den Schuldenabbau dürfte 2018 verfehlt werden. Zu Spanien merkt die Kommission an, dass der Budgetentwurf zwar "weitgehend den Vorgaben" des Stabilitätspakts entspreche, doch deute sich an, dass das Defizitziel verfehlt werde und die Konsolidierungsanstrengungen deutlich hinter den empfohlenen Werten zurückbleiben dürften.

"Außergewöhnliche Ereignisse"

Die Kommission will Österreich im laufenden Jahr 0,02 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Flüchtlings- und Sicherheitsausgaben zur Terrorbekämpfung auf das Budget anrechnen. Eine endgültige Beurteilung, auch über die Höhe des kommenden Betrags, will die EU-Behörde im Frühjahr 2018 vorlegen.

Österreich hat in seinem Budgetplan für 2017 zusätzliche Flüchtlingskosten von 0,5 Prozent des BIP geltend gemacht. Dabei müssen die Terrorismusbedrohung und die Flüchtlingsströme als außergewöhnliche Ereignisse eingestuft werden und die Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen signifikant sein. In seinem Stabilitätsprogramm für 2017 hat Österreich auch eine Abweichung vom Budgetanpassungspfad von 0,01 Prozent des BIP wegen außergewöhnlicher Sicherheitsmaßnahmen beantragt.

Das Risiko, dass Österreich die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts zum weiteren Defizitabbau verfehlt, gelte auch dann, wenn die zusätzlichen Flüchtlingskosten von der Budgetberechnung ausgenommen würden. Österreich wird aufgefordert, der Kommission und der Eurogruppe einen aktualisierten Budgetplan vorzulegen, sobald die neue Regierung übernimmt. Generell gilt, dass das zumindest einen Monat vor der Annahme des Budgets im Parlament erfolgen muss. Die Kommission erkennt auch "einige Fortschritte" bei der Umsetzung ihrer länderspezifischen Reformempfehlungen vom Mai. Eine umfassende Einschätzung dazu will sie erst 2018 vorlegen.

Schelling will Konsolidierungskurs fortsetzen

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) sieht die Warnung als übliches Prozedere. "Österreich ist sich bewusst, dass auch das kommende Budget im Einklang mit den Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes beschlossen werden muss", erklärte der Finanzminister am Mittwoch. Die künftige Regierung müsse den eingeschlagenen Konsolidierungspfad weitergehen.

ÖVP und FPÖ haben angekündigt, die EU-Defizitvorgaben einhalten zu wollen. Allerdings haben beide Parteien im Wahlkampf milliardenschwere Steuersenkungen versprochen. (APA, red, 22.11.2017)