Wien – Uhren spielen in unserem Alltag eine wesentliche Rolle. Präzise Uhren sind der Taktgeber des Internets: Sie bestimmen die Geschwindigkeit, mit der Informationen ausgetauscht werden können. In einer neuen Untersuchung, die im Fachjournal "Nature Communications" erschien, hat ein internationales Physikerteam um Stefan Kuhn (Uni Wien) einen erstaunlich stabilen Nano-Uhrzeiger erzeugt, der die Zeit einer elektronischen Uhr anzeigt. Realisiert wird dies durch ein rotierendes Silizium-Stäbchen, das kürzer als ein Mikrometer – also kürzer als ein Tausendstel eines Millimeters – ist.

Eine elektronische Uhr gibt den Takt an, mit dem es durch zirkular polarisierte Licht-Pulse angetrieben wird. Dabei dreht sich das Stäbchen öfter als eine Million Mal pro Sekunde. "Es ist erstaunlich, dass wir ein elektronisches Signal nehmen und damit die Bewegung eines physikalischen Objekts perfekt kontrollieren können, ohne dabei an Stabilität zu verlieren. Unsere Uhr hat in vier Tagen gerade einmal ein Millionstel einer Sekunde verloren", so Mitautor James Millen.

Erstaunliche Stabilität

Vergleichbare Systeme sind in ihrer Genauigkeit durch deren Kontakt mit der Umgebung limitiert. Durch das sogenannte optische Levitieren des Systems kann dies umgangen, und diese erstaunliche Stabilität ermöglicht werden. Einen entscheidenden Beitrag zu dieser Studie haben Alon Kosloff und Fernando Patolsky von der Universität Tel Aviv geleistet, die mit hoch entwickelten Ätzverfahren reinste Silizium-Stäbchen auf einer Oberfläche produzieren können.

In Wien werden diese Stäbchen dann mit einem "Laser-Hammer" von dieser Oberfläche losgelöst und in der optischen Falle eingefangen. Die komplexe Bewegung der angetriebenen Stäbchen theoretisch zu verstehen ist eine Herausforderung, die von Benjamin Stickler und Klaus Hornberger an der Universität Duisburg-Essen gelöst wurde. Die Drehdynamik des nanomechanischen Uhrzeigers ist chaotisch – ein Verhalten das man sonst zum Beispiel auch in Wetterphänomenen und im Straßenverkehr wiederfindet.

Schematische Darstellung, wie winzige Stäbchen als hochstabile Zeiger einer Uhr funktionieren: Die nano-mechanischen Objekte werden mittels Laser-Licht levitiert und mit Pulsen aus zirkular polarisiertem Licht angetrieben.
Illustration: James Millen/Universität Wien

Nanomechanische Präzision

Im Falle des Nanostäbchens gibt es jedoch stabile Bereiche in diesem Chaos, die vorhergesagt werden können und genau in diesen Bereichen bewegen sich die Nanostäbchen mit äußerster Präzision. Anders als die elektronische Uhr interagiert das Stäbchen mit seiner Umgebung. Die Genauigkeit des nanomechanischen Uhrzeigers kann daher für äußerst präzise und lokale Messungen verwendet werden, um zum Beispiel Druckänderungen über sehr kurze Distanzen mit hoher Genauigkeit zu messen.

Das levitierte Stäbchen könnte durch einen Gasstrom bewegt werden um Turbulenzen im Gas zu messen, oder durch einen Atom- bzw. Licht-Strahl um deren Eigenschaften zu bestimmen. Eines Tages könnte es sogar möglich sein, dieses System für die Suche nach Grenzen der Quantentheorie zu verwenden. (red, 21.11.2017)