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Der Fernseh-Talkmaster Charlie Rose.

Foto: REUTERS/Carlo Allegri/File Picture

New York / Wien – Seine Gäste saßen am runden Mahagonitisch, ein Glas Wasser vor sich wie ihr Gastgeber, der dazu noch blätterweise Unterlagen, Zeilen vorzugsweise mit gelbem Textmarker hervorgehoben. Rundherum war alles schwarz, nichts sollte das Gespräch stören, bis vor kurzem würde man diesen Rahmen, in dem Charlie Rose seine Gäste empfing, als intim bezeichnen.

Seit Montag hat das Wort "Intimität" im Zusammenhang mit dem Talkmaster eine andere Bedeutung bekommen. Denn laut Medienberichten hat auch Charlie Rose das rechte Maß im Umgang mit Frauen am Arbeitsplatz verloren. Er, der in seiner Talkshow bekannt dafür war, klar und überlegt zu fragen, ließ Anstand und Würde bei Kolleginnen offenbar vermissen.

Update: Rose gefeuert

Rose moderierte Talkshows auf PBS und CBS, weiters war er Korrespondent für das Politmagazin 60 Minutes. Zu Gast war Prominenz aus Politik und Entertainment, von Henry Kissinger bis Wladimir Putin, von Farah Diba bis Christoph Waltz. Die Anstellung des 75-Jährigen sei mit sofortiger Wirkung "beendet" worden, teilte CBS News am Dienstag mit. Damit reagiere der Sender auf das "extrem verstörende und nicht zu tolerierende Verhalten" von Rose gegenüber mehreren Frauen.

Auch der öffentlich-rechtliche Sender PBS beendete die Zusammenarbeit mit Rose und nahm seine Sendungen aus dem Programm. Zunächst hatten CBS News und PBS Rose suspendiert. "Keiner kann die Vergangenheit korrigieren", erklärte CBS-News-Chef David Rhodes. "Aber was vielleicht einst akzeptiert wurde, sollte nie mehr akzeptabel gemacht werden." Rhodes hob hervor, dass sein Sender dieses und vergangenes Jahr wiederholt Missstände in anderen Medienunternehmen aufgedeckt habe. "Unsere Glaubwürdigkeit bei diesen Berichten verlangt Glaubwürdigkeit bei der Anwendung grundlegender Verhaltensstandards", fügte der Senderchef hinzu.

Die Vorwürfe sind keine Kleinigkeit. Acht Frauen erheben schwere Anschuldigungen, Rose habe sie sexuell belästigt. Ereignet haben sollen sich die Übergriffe zwischen 1990 und 2011. Roses Mitarbeiterin Reah Bravo erzählte, bei einer Dienstreise habe Rose sie in sein Hotelzimmer gerufen und sie dort nackt empfangen: "Er war ein Sex-Raubtier, und ich war seine Beute." Die Frauen berichten von unsittlichen Berührungsversuchen des TV-Moderators.

Seine Assistentin habe er mehrfach spätnachts angerufen und ihr sexuelle Fantasien beim Nacktschwimmen im Pool beschrieben. Einige wollten aus Angst um ihre Karriere anonym bleiben. Roseentschuldigte sich in einem Statement. Er habe sich zeitweise unsensibel verhalten und übernehme dafür die Verantwortung. Er glaube aber nicht, dass alle Vorwürfe korrekt seien. Erschienen sind die Anschuldigungen der Frauen zuerst in der "Washington Post". Amy Brittain, eine der Autorinnen, twitterte nach dem Erscheinen, dass ihr Postfach geflutet werde mit Geschichten von Frauen, die ähnliche Erlebnisse hatten.

Unmittelbare Folgen haben Übergriffe auf das Management von 21st Century Fox. Der Branchenriese stimmte einer Art Betriebsrat für den Nachrichtensender Fox News zu, an den sich Frauen und Minderheiten bei Fragen zum Betriebsklima wenden können. Die neue Arbeitsgruppe erhält zudem rund 77 Millionen Euro für Rechtsverfahren im Zusammenhang mit Vorwürfen der sexuellen Belästigung. Damit kommt das Medienunternehmen Beschwerden von Aktionären nach, die rund um Vorwürfe gegen Moderator Bill O'Reilly und den langjährigen Fox-News-CEO Roger Ailes Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung und Rassendiskriminierung am Arbeitsplatz forderten.

Seit Bekanntwerden von Übergriffen durch US-Produzent Harvey Weinstein kommen beinahe täglich weitere Fälle ans Tageslicht. Vermutlich keine Fehlprognose: To be continued. (prie, 21.11.2017)