Über die türkis-blaue Regierung kursieren schon erste Witze. Einer davon lautet: Der designierte österreichische Heimatschutzminister kommt in eine Buchhandlung und sagt: "Ich hätte gerne ein Buch von Erich Kästner." Der Buchhändler geht zielstrebig zu einem Regal, kehrt mit einem Band zurück und sagt: "Soll ich es Ihnen einpacken, oder wollen Sie es gleich verbrennen?"

Österreich ist mit der jüngsten Nationalratswahl wieder ein Stück weit nach rechts gerückt. Es sitzen so viel Burschenschafter wie noch nie im Parlament, und sie werden wohl auch Teil der neuen Regierung sein. Der Rechtsruck manifestiert sich auch in einer neuen Begrifflichkeit, die Vertreter von ÖVP und FPÖ vorschieben, wenn sie das Kapitel Inneres verhandeln. Das geschieht unter der Überschrift "Heimatschutz". Da macht sich Unwohlsein breit.

Während sich die einen semantisch an den Schutzbund und die Heimwehr der heimischen Zwischenkriegszeit erinnert fühlen, sehen andere Anleihen an den USA, die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ein Heimatschutzministerium (Departement of Homeland Security) installierten. Wertfrei kann man den Begriff als Schutz der nationalen Identität definieren. Was nicht zwangsläufig nur den Rechten zugeschrieben werden muss.

Heimat als Ort des Miteinander

Alexander Van der Bellen hat in seinem Präsidentschaftswahlkampf ganz bewusst versucht, den emotional aufgeladenen Begriff Heimat der FPÖ wegzunehmen und in einen anderen, positiven Kontext zu setzen: Heimat nicht als einengender, bewahrender Begriff, sondern als ein Ort, an dem man auch in einem gemeinsamen Europa zu Hause sein kann, der Vielfalt, Chancen und Toleranz zulässt, ein Ort des Miteinander, nicht des Gegeneinander.

Die türkis-blauen Koalitionsverhandler bringen den Begriff Heimatschutz ganz anders in die Debatte ein: Es geht um Sicherheit, darunter werden ganz selbstverständlich auch die Themen Migration und der Umgang mit Flüchtlingen subsumiert. Heimatschutz, das ist eine begriffliche Aufrüstung und bedeutet in diesem Zusammenhang offenbar Kampf gegen das Fremde, die "Überfremdung". Flüchtlinge werden als Gefahr definiert. Da geht es nicht um Hilfe, Solidarität oder Integration, da geht es um polizeiliche Maßnahmen, um Kürzungen und Verschärfungen.

Gut möglich, dass die neue Regierung ein Heimatschutzministerium einrichtet. Das ließe sich von einem eigens eingesetzten Propagandabeauftragten bestens erklären. (Michael Völker, 20.11.2017)