Angela Merkel wirkte wie eine Moderatorin.

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Am Schluss war es fast eine Erlösung. Unendlich quälend waren die Sondierungsverhandlungen in Deutschland über eine Jamaika-Koalition gewesen. Keiner konnte die ewig gleichen Sätze à la "Es ist schwierig, aber wir bemühen uns" noch hören. Zu offensichtlich waren die inhaltlichen Differenzen und die persönlichen Gräben zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen.

Dass danach gleich von mehreren Seiten zu hören war, eine Einigung wäre möglich gewesen, ist die pure Verhöhnung, aber wohl der Auftakt zur Schlammschlacht, die nun bevorsteht und deren Kernfrage da lautet: Wer ist schuld? Die FDP, weil sie irgendwann nicht mehr wollte? Oder doch auch die anderen, weil sich offenbar zu wenig bewegten?

Niederlage für Merkel

Vor allem für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist das Scheitern eine schwere Niederlage. Es zeigt ganz deutlich, dass sie nicht mehr die Kraft und Autorität hat, eine Regierung für Deutschland zu bilden. Während der Verhandlungen schon wirkte sie wie eine Moderatorin, aber nicht wie die gestaltende Kraft. Über weite Strecken wurde die Debatte von den Grünen und der CSU dominiert, die in vielen Punkten so weit auseinander lagen.

Merkel ließ die Dinge treiben, sie konnte die CSU, die sich beim Familiennachzug für Flüchtlinge bis zur Halskrause eingemauert hatte, nicht im Zaum halten. Man hatte auch den Eindruck, dass Wohl und Wehe Deutschlands nur noch von dieser Frage abhängen. So viele andere, wichtige Themen wurden in den Hintergrund gedrängt.

Wie Merkel mit dieser Bürde des Scheiterns nun weitermachen will, ist vorerst unklar. Es wird Debatten auch um ihre Person geben, und sie werden sich nicht mehr in Andeutungen erschöpfen. Ganz klar: Die Chefin hat nicht geliefert.

Noch ein Wort zur SPD, deren Chef Martin Schulz, schon erklärt hat, man stehe nicht als Notnagel zur Verfügung, da die große Koalition abgewählt wurde. Das ist falsch. Sie wurde bei der Bundestagswahl nicht abgewählt, sondern geschwächt. Eine Mehrheit hätte sie allemal noch. Und die Dinge haben sich nun fundamental gewandelt. Merkel ist nicht mehr die starke Kraft, die alle kleinkriegt. Vielleicht denkt Schulz ja noch einmal nach. (Birgit Baumann aus Berlin, 20.11.2017)