Wien – Klick. Die Früchte, Zahlen und Symbole setzen sich in Bewegung. Es leuchtet, blinkt, die nervige Hintergrundmusik startet. Drei Sekunden später ist das Spektakel vorbei. Das Gedüdel aus dem Automaten, das wie ein Computerspiel aus der digitalen Steinzeit klingt, stoppt. Die Früchte, Zahlen und Symbole haben sich neu aneinandergereiht – aber nicht so, dass sich daraus ein Gewinn für den Spieler ergeben hätte.

Wieder wird der Spielknopf gedrückt. Wieder nichts. Wieder. Nichts. Zehn Sekunden sind vorbei. Der Spieler im zweiten Stock des Casino Wien hat sich da noch gar nicht richtig auf seinem Hocker zurechtgesetzt. Jetzt geht es erst los, und irgendwann soll das Gerät bei ein paar Euro Einsatz pro Klick ja auch Gewinne abwerfen.

Hätte der Spieler die ersten zehn Sekunden bei den Slot-Maschinen im neu eröffneten Dachgeschoß des Casinos in der Kärntner Straße verbracht und den Maximaleinsatz gewählt: Er wäre sehr wahrscheinlich in ein paar Atemzügen um 3.000 Euro erleichtert worden. "Hier sind bis zu 1.000 Euro Einsatz am Drücker möglich", sagt Casino-Direktor Reinhard Deiring dem STANDARD. In seiner Stimme schwingt ein wenig Stolz mit.

Bis zu 1000 Euro Einsatz pro Klick sind im VIP-Raum möglich.
Regine Hendrich

Da verwundert es nicht, dass der neu geschaffene VIP-Raum mit 32 Automaten nur für eine kleine Gruppe von Spielern zugänglich ist – sogenannten High Roller, die um hohe Einsätze spielen. Der Umbau wurde von den Casinos öffentlich auch nicht aktiv kommuniziert. Jene, die hier spielen können, wissen es. Jene, die sich die Frage stellen, ob sie hier spielen können, sind es nicht.

"Wir verdienen unser Geld immer mehr mit internationalem Publikum", erklärt Deiring. 65 Prozent der Besucher im Casino im abgelaufenen Jahr waren internationale Gäste, fast jeder vierte Besucher kam aus dem asiatischen Raum. 2008, beim Amtsantritt von Deiring als Direktor der Spielstätte in Wien, waren es 40 Prozent internationale Gäste.

Viele internationale Gäste

Den Ansprüchen der elitären Gruppe der High-Limit-Gambler, oftmals Millionäre oder auch Milliardäre, wollte der Wiener Standort mit dem diskreten VIP-Raum gerecht werden. "Wenn Geld keine Rolle spielt, dann tut das uns gut – und es tut Wien gut", sagt Deiring selbstbewusst. Diese Gäste könnten ihr Geld ja schließlich auch in Las Vegas oder Macau ausgeben.

Auch die Automaten im VIP-Raum unterliegen der Glücksspielaufsicht.
Regine Hendrich

Um die Gunst dieser Gambler, bei denen Geld locker sitzt, hat ein weltweiter Konkurrenzkampf eingesetzt. Es gibt eigene Reiseveranstalter, die Reiseziele in Verbindung mit dem Angebot an Kultur und Glücksspiel anbieten. "Bei uns ist ein Mitarbeiter angestellt, der nur die asiatische Klientel betreut", sagt Deiring. Wien habe mit dem Package aus Geschichte und Casino viel zu bieten.

Bei 500 Euro Mindesteinsatz gehen Türen zu

Für reiche Gäste wurde daher schon vor zwei Jahren im ersten Stock des Wiener Casinos ein eigener VIP-Raum mit Black-Jack-Tischen, Roulette oder dem vor allem im asiatischen Raum beliebten Spiel Macau Baccarat eingerichtet.

"Bei 500 Euro Mindesteinsatz gehen hier die Türen zu", sagt Deiring. Zaungäste sind dann unerwünscht. Schließlich hat das Finanzministerium für die Wiener Spielstätte bei Macau Baccarat auch einen Höchsteinsatz von 100.000 Euro pro Box und pro Spiel genehmigt. Bei sieben Boxen ergibt das, nach Adam Riese, einen theoretischen Höchsteinsatz von 700.000 Euro.

An diesem Tisch können 100.000 Euro pro Box und pro Spiel gesetzt werden.
Regine Hendrich

1,5 Millionen Euro Investition

Das Dachgeschoß im historischen Palais Esterházy, dem ältesten Gebäude in der Kärntner Straße, bietet jetzt auch den reichen Automaten-Gamblern Exklusivität. Der Raum war bis vor kurzem eine Wohnung.

Nach dem Tod der Mieterin übernahmen die Casinos und investierten 1,5 Millionen Euro in 110 Quadratmeter, samt neuer Betondecke und Neugestaltung der Stiege. Mit dem Bundesdenkmalamt sei alles abgestimmt worden, sagt der Direktor. Die Gestaltung übernahm Architekt Michael Manzenreiter.

Der Zugang zum neuen VIP-Raum im Dachgeschoß.
Regine Hendrich

Für Super-VIPs gibt es einen eigenen Zugang direkt ins Dachgeschoß. Dieser ist für Gäste gedacht, die um Diskretion bemüht sind und nicht gesehen werden wollen. High Roller werden vom Wiener Casino "ab dem Flughafen auf alle Kosten eingeladen", erzählt Deiring. Für jene, die den Lift verwenden können, sei auch ein Business-Class-Flug nach Wien inklusive.

Mindestens 500 Nächte in Luxushotels würden vom Casino pro Jahr zugekauft und Gästen zur Verfügung gestellt. Champagnerflaschen, edle Weine und Essen vom hauseigenen Restaurant Cuisino sind inklusive und fallen da nicht mehr ins Gewicht. "Und wenn der Gast im Casino Sushi will, wird ihm das von außer Haus gebracht."

Nicht alle Gäste des Wiener Casinos haben zu allen Räumlichkeiten Zutritt. Jene, die im Dachgeschoß spielen dürfen, wissen es.
Regine Hendrich

Diese Betreuung ist freilich nicht selbstlos: Deiring geht davon aus, dass alleine die kleine Schar der reichen Gäste im Dachgeschoß "mindestens zehn Millionen Euro Gewinn bringt". Oder anders ausgedrückt: Die High Roller dürften pro Jahr mindestens zehn Millionen Euro an den nur 32 Automaten verlieren. Da sind die Verluste der Gäste aus dem VIP-Raum im ersten Stock noch nicht mitgerechnet.

Das Casino Wien ist im Palais Esterházy, dem ältesten Gebäude in der Kärntner Straße, untergebracht.
Regine Hendrich

Dass sich aber auch Millionäre mit Spielsucht ihre Existenz ruinieren können, steht außer Frage: So hat ein 47-jähriger Österreicher zwei gewonnene Lotto-Sechser sowie geborgtes Geld in Kasinos verspielt, insgesamt sollen es mehr als 8,5 Millionen Euro gewesen sein.

Der Mann, Ex-Lebensgefährte einer prominenten ehemaligen Spitzensportlerin, wurde diese Woche in St. Pölten nicht rechtskräftig wegen gewerbsmäßigen schweren Betrugs zu 4,5 Jahren Haft verurteilt. Der Vorsitzende des Schöffensenats, Markus Pree, ging in seiner Begründung auch mit den Casinos Austria hart ins Gericht: "Es ist ein Wahnsinn, dass jemand wie Sie die Möglichkeit bekommt, sich zu ruinieren."

Glücksspiel boomt

Das Geschäft mit Roulette, Black Jack und den einarmigen Banditen boomt: Insgesamt wurden im Casino Wien im abgelaufenen Jahr 93,1 Millionen Euro an Glücksspielerlösen erzielt. 2015 waren es 82,3 Millionen. Der Gästeschnitt hat sich laut Deiring von 1000 im Jahr 2008 auf aktuell mehr als 1800 Besucher pro Tag gesteigert. Im Vorjahr wurden fast 675.000 Gäste in Wien gezählt.

Internationale High Roller, sagt Direktor Reinhard Deiring, werden vom Wiener Casino "ab dem Flughafen auf alle Kosten eingeladen".
Regine Hendrich

Das Ende der Fahnenstange sieht Deiring beim Segment der High-Roller-Gäste für Wien noch nicht erreicht. "Ich kann mir vorstellen, dass wir bei den Automaten um ein höheres Limit ansuchen." Für jene Gäste, denen 1000 Euro pro Drücker zu wenig sind. (David Krutzler, 19.11.2017)