Kobe – Für ihre Verbreitung setzt eine ganze Reihe von Pflanzenarten auf die sogenannte Endochorie. Sie bilden Früchte aus, die von Tieren gefressen werden, und diese scheiden später die in den Früchten enthaltenen Samen mit ihrem Kot wieder aus – vorzugsweise weit von der Ursprungsquelle entfernt. Vögel und Säugetiere sind die wichtigsten Tiergruppen, die diese Aufgabe erfüllen.

Von links nach rechts die drei Pflanzen Yoania amagiensis, Monopastrum humile und Phacellanthus tubiflorus, in der unteren Reihe die dazugehörigen Früchte.
Foto: Kobe University

Solche stattlichen Partner kann sich allerdings nicht jede Pflanze leisten. Japanische Forscher beschreiben in der jüngsten Ausgabe des Fachjournals "New Phytologist" drei Pflanzenarten, die sich der Insektenwelt bedienen. Es ist der gleiche Effekt, nur in etwas verringerten Dimensionen.

Die Orchidee Yoania amagiensis, das Heidekrautgewächs Monotropastrum humile und das Sommerwurzgewächs Phacellanthus tubiflorus gehören ganz verschiedenen Pflanzengruppen an, haben aber einige gemeinsame Eigenschaften. Sie betreiben keine Photosynthese, da sie in ihrem Lebensraum – dem Waldboden – ohnehin nicht genug Licht abbekommen würden. Stattdessen leben diese Chlorophyll-losen Spezies als Parasiten an den Wurzeln anderer Pflanzen.

Höhlenschrecken haben alle drei Sorten zum Fressen gern.
Foto: Kobe University

Ihrem Habitat fehlt es aber nicht nur an Licht, sondern auch an Wind – und damit an einer potenziellen Verbreitungsmöglichkeit für ihre Samen. Hier kommt also wieder die Endochorie ins Spiel. Allerdings brauchen die unscheinbaren Pflänzchen fast alles, was sie ihren Wirtspflanzen an Nährstoffen abluchsen können, für sich selbst – da bleibt nicht genug übrig, um Früchte auszubilden, die für Vögel oder Säugetiere attraktiv genug wären. Forscher um Suetsugu Kenji von der Universität Kobe berichten, dass die eigentlich nicht sonderlich wählerische Japanische Waldmaus die winzigen Früchte dieser drei Pflanzen links liegen lässt, selbst wenn sie sie bemerkt hat.

Für ein Insekt reicht die Größe aber allemal. Partner dieser drei Pflanzen ist die Höhlenschrecke, eine flügellose Verwandte der Heuschrecke, die hauptsächlich in Asien verbreitet ist. Damit die Endochorie funktionieren kann, müssen das Tier und damit sein Verdauungsapparat einigermaßen groß sein – und das ist bei den bis zu zehn Zentimeter langen Höhlenschrecken durchaus der Fall. Die Forscher untersuchten die Exkremente einiger Höhlenschrecken und stellten fest, dass darin tatsächlich viele intakt gebliebene Samen dieser drei Pflanzen enthalten waren.

Kotkrapferl von Höhlenschrecken: Der Vergleichsbalken steht für eine Länge von einem halben Millimeter.
Foto: Kobe University

Bislang kannte man laut Kenji nur ein weiteres Insekt, das eine vergleichbare Aufgabe erfüllt: Die neuseeländische Weta, ebenfalls eine Heuschreckenverwandte und eines der schwersten Insekten überhaupt. Da es auf Neuseeland vor der Ankunft des Menschen außer Fledermäusen überhaupt keine Säugetiere gab, konnte das großgewachsene Insekt diese Rolle übernehmen.

Das Bemerkenswerte an der japanischen Studie ist, dass hier gleich drei Pflanzenarten, die nicht miteinander verwandt sind, unabhängig voneinander die gleiche Verbreitungsstrategie entwickelt haben. Und alle drei setzen auf denselben Transporteur. (jdo, 20. 11. 2017)