Doris Di Giorgio: "Keine Rede von einem fairen Verfahren."

Foto: Georg Wilke

Wien – Nach längerem Hin und Her tut sich etwas im österreichischen Sportförderwesen. Die personelle Führung der Bundes-Sport GmbH (BSG), die ab Jänner 120 Millionen Euro an Fördergeldern des Bundes jährlich verteilt, nimmt Gestalt an. Hans Peter Doskozil (SPÖ), scheidender Minister für Landesverteidigung und Sport, hat seine Wahl für den Posten der Geschäftsführung der BSG nach wochenlanger Verzögerung getroffen, am Donnerstag gibt er sie bekannt. Sie ist, das steht fest, nicht auf Doris Di Giorgio gefallen. "Ich bin sehr enttäuscht", sagt die 48-Jährige zum Standard. "Die fachliche Qualifikation sollte entscheiden, und ich wüsste niemanden, der in diesem Auswahlverfahren besser qualifiziert wäre als ich."

Extennisspieler Clemens Trimmel gilt als aussichtsreichster Kandidat für den "Geschäftsführer für Förderungen". Vor den Wahlen, im September, hatte Doskozil bereits den Aufsichtsrat mit Armin Assinger an der Spitze bestellt. Aus einer Reihe von 17 Bewerbern schaffte es Di Giorgio im Auswahlprozess zum Assessment-Center und zum Hearing vor dem Aufsichtsrat, der dem Minister einen Dreiervorschlag vorlegte – ohne Di Giorgio, dafür mit Trimmel, dem Exrodler Markus Prock und Wolfgang Gotschke, Geschäftsführer des Bundes-Sport-Förderungsfonds (BSFF), den die BSG ersetzt. Di Giorgio: "Nach mehreren Anfragen an die Personalberaterfirma Arthur Hunt habe ich bis heute keine klare Auskunft bekommen."

Männerdomäne Sport

Als Juristin und Projektleiterin ist Di Giorgio seit zwei Jahren im Sportministerium tätig, Schwerpunkt: Prüfung der Bundessportförderungen. Davor arbeitete die ehemalige Triathletin 18 Jahre lang im Stadtrechnungshof Wien als Expertin für Förderungen. "Im Sportbereich ist der One-Stop-Shop, sprich eine Stelle, bei der alle Förderungen beantragt und abgerufen werden können, noch immer nicht Realität", merkt sie an. "Das Förderwesen ist für die Verbände viel zu kompliziert, selbst bei der Kontrolle ist es schwierig, das zu überschauen. Für eine Reform braucht es einen Experten oder eben eine Expertin."

Der Sport – jedenfalls in Österreich – ist eine von Männern dominierte Welt. Das Argument einer Frauenquote will Di Giorgio aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation nicht bemühen, aber es ist schon bezeichnend, dass sie im gesamten Auswahlverfahren keiner einzigen Frau gegenübersaß. Mehr Frauen in Führungspositionen? Von wegen! In der Organisationsform der neuen BSG findet sich in den Kommissionen, im Beirat, im Aufsichtsrat und nun auch auf geschäftsführender Ebene keine einzige Frau.

Vereinbarungen im Vorfeld

"Jetzt schmückt sich Österreichs Sport mit dem Frauenfußball-Nationalteam als Mannschaft des Jahres. Das ist eine großartige Leistung", sagt Di Giorgio. "Aber wo bleiben Frauen, die im Sport mitreden und entscheiden?" Bereits im Sommer hörte man Gerüchte, dass eine Bewerbung aussichtslos ist, da immer wieder der Name Clemens Trimmel auftauchte. Trimmel war Mitarbeiter beim Projekt Rio, wickelte aber keine Förderungen ab. Das macht nach wie vor das Ministerium. Di Giorgio fragt sich: "Welche fachliche Qualifikation hat er? Offensichtlich wurden schon im Vorfeld entsprechende Vereinbarungen getroffen, von einem offenen und fairen Verfahren ist daher keine Rede."

Die Entscheidung Doskozils, Armin Assinger zum Aufsichtsratsvorsitzenden zu machen, hat polarisiert. "Natürlich kennt sich Assinger im Sport hervorragend aus", sagte Aufsichtsratsmitglied Rudolf Hundstorfer (SPÖ). Was Di Giorgio gern wissen würde: "Kennt er auch die Pflichten eines Aufsichtsratsvorsitzenden und kennt er sich auch im Förderwesen aus? Immerhin geht es um die Verwendung von jährlich 120 Millionen Steuergeldern."

Die Ironie

Ironie am Rande: In einem persönlichen Gespräch sagte einer der drei verbliebenen Kandidaten zu Di Giorgio, man müsse, falls er Geschäftsführer werden sollte, unbedingt in Kontakt bleiben. Er brauche dann jemanden, der sich im Förderwesen auskennt. Auch das hat die gescheiterte Kandidatin dazu bewogen, die Offenlegung aller Protokolle des Entscheidungsprozesses über die fachliche Qualifikation der Bewerber zu fordern. (Florian Vetter, 15.11.2017)