Das Konradinum ist selbst nach Einschätzung des Heimträgers Land Salzburg für die Betreuung Schwerstbehinderter nicht mehr geeignet.

Foto: Land Salzburg

Salzburg – Überbelegung, keine Barrierefreiheit, Betten in Gemeinschaftsräumen und Gängen, offene Toiletten neben Duschen und Bädern, keine Geschlechtertrennung bei der Körperhygiene und am WC; dazu mehrere Fälle unzulässiger Freiheitsbeschränkung auch durch die Verabreichung von Medikamenten, keine Tagesstrukturen, keine Eins-zu-eins-Betreuung. Anfang 2016 deckten Volksanwaltschaft und Bewohnervertreter vom Verein "VertretungsNetz" im Salzburger Heim für Schwerst- und Mehrfachbehinderte Konradinum eine Serie schwerer Missstände auf.

Seitdem dürfte sich in dem Heim in der Flachgauer Gemeinde Eugendorf nicht viel verändert haben. Aktuell sind gleich drei Verfahren anhängig, bestätigen das Land als Träger der Einrichtung und der Leiter der Bewohnervertretung Erich Wahl unisono.

Alle drei Fälle hat die Bewohnervertretung als nach dem Heimaufenthaltsgesetz gesetzliche Interessensvertretung bei Gericht angestrengt. Alle drei betreffen Bewegungsbeschränkungen, für die es aus Sicht von Wahl "gelindere Mittel" gebe könnte.

"Nicht wesentlich verbessert"

"Die Situation für die 34 Bewohner der Einrichtung hat sich nach rund einem Jahr nicht wesentlich verbessert", stellt auch der österreichweit aktive Verein "Behindertenberatungszentrum-Bizeps"; Zentrum für selbstbestimmtes Leben" in einem Resümee auf seiner Onlineplattform fest.

Der ressortzuständige Landeshauptmannstellvertreter Christian Stöckl (ÖVP) merkt zur neuerlich aufgeflammten Diskussion nur an, er sei verwundert, "weil im Konradinum wird gute Arbeit geleistet". Handlungsbedarf sieht offensichtlich aber auch er als Landesgesundheitsreferent.

Lösung frühestens 2019

"Die räumliche Situation des Konradinums Eugendorf entspricht nicht mehr den Anforderungen zeitgemäßer Betreuung von Menschen mit Behinderung; die Platzverhältnisse sind beengt, die Sanitäranlagen völlig inadäquat, es gibt keine geeigneten Räume für pädagogische und therapeutische Angebote, das Gebäude ist nicht umfassend barrierefrei und die technische Infrastruktur (Lift, Haustechnik) veraltet", heißt es in einer Vorlage der Landesregierung zum Verkauf des Konradinums.

Dieser ist inzwischen über die Bühne gegangen. Eine neue Liegenschaft für das Konradinum habe man auch schon erworben, 2018 könne mit dem Neubau begonnen werden, sagt ein Sprecher Stöckls. Kostenpunkt: 5.5 Millionen Euro. Frühestens 2019 können dann die Heimbewohner umziehen. Die Einrichtung soll von einem privaten Betreiber übernommen werden.

"Paternalistisches" Betreuungskonzept

Bewohnervertreter Wahl erkennt die Bemühungen des Landes in Sachen Neubau im STANDARD-Gespräch durchaus an. Nun müsse man – auch schon im bestehende Gebäude – zügig darangehen, das "isolierte, paternalistische Betreuungskonzept" abzuschaffen. Wahl fordert Angebote wie Tagesstätten, externe Therapie- und Förderprogramme außerhalb des Konradinums, um auf die jeweiligen Bedürfnisse und Entwicklungspotenziale der Bewohner einzugehen. (Thomas Neuhold, 14.11.2017)