Wien – Die heimische Fußballbundesliga wird gelegentlich als Operettenliga verhöhnt, dabei scheint sie so attraktive Spiele zu bieten, dass sogar Besucher aus dem benachbarten Ausland anreisen. Ins Ernst-Happel-Stadion schaffte es Adrian Z. am 29. April dann aber doch nicht – er versäumte das Match Austria Wien gegen Sturm Graz, da er vorher festgenommen wurde. Nun muss sich der 32-Jährige vor einem Geschworenengericht unter Vorsitz von Andreas Böhm wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verantworten.

Anhänger des aktuellen steirischen Tabellenführers waren damals auf dem Weg zur Spielstätte. Im Prater wurden sie von dutzenden zum Teil vermummten Angreifern attackiert. Einer davon war der Angeklagte. Erkennbar unter anderem daran, dass er eine Baseballkappe und einen Sweater mit einschlägigen Symbolen trug, eine Stahlrute und einen Mundschutz hatte er übrigens auch dabei.

Nach seiner Festnahme sagte er den Polizisten noch, er sei "sehr stark rechts eingestellt" , wollte sich zu den Zeichen aber nicht näher äußern. Vor Gericht ist das anders, er bekennt sich teilschuldig, versucht aber abzuschwächen.

"Nicht klassisches Hakenkreuz"

"Es ist nicht das klassische Hakenkreuz, sondern altslawische Mystik", erklärt der unbescholtene Slowake dem Senat. "Sind Sie Mystiker? Beschäftigen Sie sich mit so was?", fragt ihn der Vorsitzende. "Ja." – "Was wollten Sie damit ausdrücken?" – "Die slawische Herkunft."

Dass auf der Rückseite seiner Kappe die Zahl "14" prangte, weil das aus Sicht der Staatsanwältin entweder ein Code für "Auf Deutschland" ist, da die Ziffern den ersten und vierten Buchstaben des Alphabets bezeichnen, oder sich auf ein rechtsextremes Gelöbnis namens "Fourteen Words" bezieht, bestreitet Z. ebenso. "Es geht um 14 Gottheiten." – "Und warum haben Sie das nicht alles schon bei der Polizei gesagt?", wundert sich Böhm. "Ich war unter Stress und habe nicht gewusst, was los ist."

Der Angeklagte gibt aber doch zu, in seiner Jugend bei einer Skinheadgruppe gewesen zu sein und daran lebenslange Erinnerungen zu tragen– in Form von Tätowierungen auf Armen und Oberkörper. Dabei zu finden: der Totenkopf aus dem SS-Abzeichen, Hakenkreuze, der Satz "Old school racist" – und ein Porträt von Otto Skorzeny, einem SS-Obersturmbannführer.

Irrtümer auf beiden Seiten

Der wird vom Vorsitzenden als Kriegsverbrecher bezeichnet, was allerdings nicht stimmt, da er 1947 von diesem Vorwurf freigesprochen wurde und anschließend vor der deutschen Justiz flüchtete. Für den Angeklagten war Skorzeny der Mann, "der Mussolini befreit hat, ohne Blut zu vergießen". Was ebenso wenig stimmt – es gab Tote auf italienischer Seite, und Skorzeny war nicht der Befehlshaber des Kommandounternehmens.

Beisitzer Norbert Gerstberger lässt die Verantwortung nicht gelten. "Sie haben ja dann zumindest früher gewusst, was die SS gemacht hat. Nehmen wir den Feldzug im Osten. Was war deren Aufgabe?", will er von Z. wissen. "Die Slawen zu liquidieren." – "Nicht nur die Slawen. Welche Gruppe zu hundert Prozent?" – "Juden", lautet die kurz angebundene Antwort. "Und dann laufen Sie mit einer SS-Rune auf dem Sweater herum?" – "Das ist keine SS-Rune." – "Stimmt, es gibt leichte Unterschiede, aber jeder, der es sieht, hält es dafür!", hält Gerstberger dagegen.

Heidnisches Ritual in Kiew

Gekauft habe er die Kleidung vor einigen Jahren in Kiew, verrät der Angeklagte auch. "Ich war bei einem heidnischen Ritual." Dass die Produkte des ukrainischen Unternehmens Sva Stone bevorzugt von Neonazis und Rechtsextremen getragen werden, will er nicht gewusst haben. Dass das Tragen von NS-Symbolen in Österreich strafbar ist, dagegen schon.

Heute sei er aber älter und hege keine Bewunderung für den Nationalsozialismus mehr, beteuert er. "Das war eine Katastrophe und total schlechte Lösung einer Situation." Die Geschworenen nehmen ihm seinen Gesinnungswandel nicht ab und verurteilen ihn zu einem Jahr bedingt. Da die Anklägerin keine Erklärung abgibt, ist das Urteil nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 13.11.2017)