Am 11.11. laden die Wiener Tanzschulen dazu ein, in der Innenstadt den Fasching einzutanzen. Die Narrenzeit beginnt aber eigentlich erst im Jänner.

Foto: APA/Hochmuth

Wien/London – Clownnasen raus aus der Kostümkiste, Prinzenpaare rein in den Konfettiregen und alles Massenwalzer auf dem Wiener Stephansplatz – am 11. 11. um 11 Uhr 11 wird wieder einmal Faschingsbeginn gefeiert. Dabei startet die Narrenfreiheit eigentlich erst nach dem Dreikönigstag im Jänner. Der Höhepunkt, Faschingssamstag bis Faschingsdienstag, dauert im kommenden Jahr von 10. bis 13. Februar.

Masken beim Faschingstreiben sind wie zuletzt am Halloween-Tag vom neuen Verhüllungsverbot in der Öffentlichkeit ausgenommen – allerdings nur bei angemeldeten Umzügen und Veranstaltungen.

Folklore aus dem Rheinland

Das Wecken der Narren am 11. November ist kein uralter Brauch, wie Roswitha Orac-Stipperger, die Chefkuratorin der Volkskundlichen Sammlung im Grazer Volkskundemuseum, erklärt. Vielmehr handle es sich um eine eher urbane Gepflogenheit, die erst Mitte des 20. Jahrhunderts als Folkloreimport aus dem karnevalnarrischen Rheinland nach Österreich schwappte – und hier zum Teil mit dem Martinstag am 11. November verschmolz, der im Brauchtum der Jahreskreise mit Erntedank- und Schlachtfesten verbunden war. " Der Martinstag stand immer schon für Action im bäuerlichen Bereich", so Orac-Stipperger. Im Osten Österreichs – der heilige Martin ist der Schutzpatron des Burgenlands – ist heute vor allem das Martinigansl in aller Munde.

Die Zahl der Sünde

Der Fasching, vielerorts auch "die fünfte Jahreszeit" genannt, sei generell als Teil der Abfolge von Fastenzeiten und Tagen der Völlerei eine katholische Angelegenheit, und zwar weltweit, wie die Karnevals von Venedig oder Rio de Janeiro zeigen.

Die Zahl 11 wiederum sei mehr als eine sich leicht zu merkende Schnapszahl, sagt Volkskundlerin Orac-Stipperger im Gespräch mit dem STANDARD. In der katholischen Zahlensymbolik steht die fünfte Primzahl für Übertretung, Übertreibung und letztendlich Sünde – der Elfer erhebt sich über die Zehn (Gebote).

Krasser Gegensatz

Im krassen Gegensatz zum närrischen Treiben steht der 11. 11. in Großbritannien und in Commonwealth-Staaten, aber auch in Frankreich und Belgien, wo an diesem Tag der Kriegstoten gedacht wird. Traditionelles Zeichen für den Remembrance Day (oder Armistice Day) ist die Mohnblume, deren rote Blüten an das Blut der gefallenen Soldaten erinnern sollen. Schon in den 1920er-Jahren hat sich deshalb auch der Begriff Poppy Day eingebürgert.

Bild nicht mehr verfügbar.

Poppy Day: In Großbritannien wird am 11.11. der Kriegstoten gedacht – hier im Wembley-Stadion während eines Fußballmatches . Die roten Blüten der Mohnblume symbolisieren das Blut der gefallenen Soldaten.
Foto: AP/Augstein

Ein Blick in die Geschichtsbücher erklärt das Datum: In den frühen Morgenstunden des 11. 11. 1918 wurde in Compiègne in Nordfrankreich der Waffenstillstand zwischen dem Deutschen Reich und den beiden Westmächten Frankreich und Großbritannien geschlossen.

Zur 11. Stunde am 11. Tag des 11. Monats

Der Vertrag, dessen Unterzeichnung in einem Eisenbahnwagon stattfand, beendete die Kampfhandlungen des Ersten Weltkriegs zur elften Stunde am elften Tag des elften Monats. Der Waffenstillstand wurde mehrere Male verlängert, der Friedensvertrag von Versailles vom 28. Juni 1919 besiegelte völkerrechtlich das Kriegsende. Compiègne taucht noch einmal als Ort eines Waffenstillstands auf: 1940, im Zweiten Weltkrieg, besiegelte der Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich die Kapitulation und Teilung Frankreichs.

Heute wird am Remembrance Day aller Kriegstoten gedacht. (Michael Simoner 11.11.2017)