Am Donnerstag startete das Open Mind Festival, das sich heuer dem Spannungsfeld zwischen Individuum und Kollektiv widmet. Zugleich wird unter dem Slogan "Common People" nicht nur an den Pulp-Hadern erinnert, sondern eine Lanze für die Partizipation gebrochen.

Bis zu einem gewissen Grad manifestiert sich das in direkter Interaktion mit dem Publikum – in der extra für das Open Mind Festival erarbeiteten Performance Abreißen, die die Rabtaldirndln mit großer physischer Präsenz auf die Bühne bringen. Diese ist in der von Eduard Hauswirth inszenierten und von ihm gemeinsam mit dem steirischen Theaterkollektiv konzipierten Aufführung eine Art Laufsteg, auf dem Barbara Carli, Rosi Degen-Faschinger, Bea Dermond und Gudrun Maier Slogans im Schnelldurchlauf präsentieren.

Ironische Brechungen

Das ganze Leben ist dominiert von Ambivalenzen, dauernd geht es um Entscheidungen. Weltläufig ist gut, bodenständig ist schlecht – wenn die Rabtaldirndln erzählen, wie so ein Aufwachsen auf dem Land ausschauen kann, dann sorgt das für Lacher im Publikum. Aber es wäre keine Rabtaldirndln-Performance ohne ironische Brechungen. Davon kann es in Zeiten wie diesen gar nicht genug geben.

Der gesellschaftliche Konsens zerbröckelt zusehends, ideologische Unterschiede lassen die Menschen einfache Kategorien zur Einteilung der Welt "finden": Bei Abreißen, laut Untertitel "eine Haltungsschau" – sind das die Fragen: Gehörst du dazu? Bist was Besseres? Spinnst?

Wer in einer Buschenschank ein Cola bestellt, gehört nicht dazu. Wer eine Whisky-Sammlung hat, ist was Besseres. Wer Fremde aufnimmt, der spinnt. Das kann schon mal zu Aggressionen führen, dann zucken die Dirndln nicht nur im Stroboskoplicht zu Tanzbodenfegern, sondern auch beim rituellen Maori-Kriegstanz Haka. Physisches Theater eben. Um zu mehr Ausgeglichenheit zu kommen, hilft auch nicht unbedingt Yoga und Fitness- oder Selbstoptimierungswahn. "Strategien", die auf dem Land wie in der Stadt, in weltläufigen wie bodenständigen Milieus zu finden sind. Schon eher könnte es Sex sein. Mit einfachen Mitteln setzen Hauswirth und die Rabtaldirndln das Sexual Healing als Schattenspiel in Szene.(dog, 10.11.2017)