Der aufgedeckte Aufdecker – ein Satyrspiel, das ausnahmsweise vor dem Schauerstück einer türkis-blauen Koalition über die österreichische Bühne geht. Peter Pilz hat sich als Politiker das Alleinstellungsmerkmal in der Lokalhistorie gesichert, innerhalb nur weniger Monate zwei Parteien, wenn nicht ruiniert, so doch schwer in die Bredouille gebracht zu haben. Das rechtsextreme Lager hat Jahre gebraucht, bis es Jörg Haiders diesbezüglichen Geniestreich verwunden hat, wurde dabei allerdings vom burschenschaftlichen Bodensatz und vom kurzen Gedächtnis eines Teils der österreichischen Wählerschaft unterstützt. Darauf dürfen die Grünen nicht hoffen, und ob aus der Liste Pilz nach diesem Start noch ein ernstzunehmendes Start-up werden kann, ist zumindest zweifelhaft.

Herrenlos und bar jeder parlamentarischen Erfahrung müssen deren Mandatare vorerst einmal um Schonfrist bitten, statt die großsprecherischen Ankündigungen ihres #MeToo-gebrandmarkten Gründers wahrzumachen. Zusätzlich dürfen sie sich ebenso wie seine Wählerinnen und Wähler getäuscht fühlen, erscheinen Pilzens angeblich unvermeidlicher Bruch mit den Grünen und das Motiv zur Gründung einer eigenen Liste nach allem, was inzwischen aus dem grünen Umfeld über missverständliche Komplimente bekannt wurde, in einem deutlich anderen Licht als bisher von ihm dargestellt.

Wenn Peter Pilz die politischen Verdienste, die er sich zweifellos erworben hat, nicht weiter schmälern und seinem politischen Kind zu einer gedeihlichen Entwicklung verhelfen will, sollte er mit dem würdelosen Gelaber aufhören, das die Diskrepanz zwischen Unschuldsbeteuerungen und Gedächtnisschwund mit Intrigenverdacht und einer substanzlosen Generalentschuldigung an wen auch immer zu überwinden sucht. Nur wenn er alle Anschuldigungen eindeutig als Fake entlarven könnte, wären seine Andeutungen einer möglichen Rückkehr in den Nationalrat anderes als eine gefährliche Drohung.

Die Selbstenthauptung der Liste Pilz ist nicht der einzige ungünstige Stern, unter dem die Eröffnung dieser Legislaturperiode steht. Sollte die Nominierung einer Person, die noch keinen Tag im Nationalrat gesessen ist, zu dessen Präsidentin ein Vorgeschmack auf das sein, was der ÖVP-Obmann als "Veränderung" propagiert, ist Schlimmes zu befürchten. Es geht in diesem Fall nicht um persönliche Fähigkeiten, sondern um Respekt vor dem Parlamentarismus. Jeder längerdienende Abgeordnete bestätigt, dass es einer vollen Legislaturperiode bedarf, um sich im Getriebe des Hohen Hauses halbwegs zurechtzufinden. Um wie viel mehr gilt das für jemanden, der das Amt des Präsidenten auch in schwierigen Situationen der Wichtigkeit und Würde des Hohen Hauses entsprechend ausfüllen soll – in einer Periode, in der fast die Hälfte der Abgeordneten neu einzieht.

In dieser Situation den Nationalrat auch noch als personelles Zwischenlager zum Gebrauch für eine noch gar nicht existierende Regierung zu missbrauchen erweckt die Befürchtung, die Kurz-Bande könnte nach der Unterwerfung der ÖVP auch mit der Demokratie noch einiges vorhaben. (Günter Traxler, 9.11.2017)