Bild nicht mehr verfügbar.

Abu Dhabis Kronprinz Mohammed bin Zayed (re.), bei König Salman in Jeddah im Juni. Dahinter/dazwischen: Mohammed bin Salman.

Foto: Reuters/Saudi Press Agency/Handout

Abu Dhabi/Wien – Der neu eröffnete Louvre Abu Dhabi ist viel mehr als ein Museum: Es ist ein Stück emiratischer Außenpolitik, sogar Sicherheitspolitik. Und nach innen ist er Teil eines neuen Narrativs, an dem die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) unter Einsatz von viel Energie und Geld arbeiten. Von einer einfachen tribalen Gesellschaft zum international vernetzten Hotspot, gerüstet für die Zeit nach dem Öl, mit einer moderaten islamischen Identität, die der Begegnung mit anderen Kulturen nicht im Wege steht, sondern sie im Gegenteil fördert.

Dieser Weg hat einen Namen: Mohammed bin Zayed Al Nahyan. Die gängige Kurzbezeichnung MbZ für den 56-jährigen Kronprinzen von Abu Dhabi – dem politischen Zentrum der Emirate – stammt aus von Wikileaks veröffentlichen US-Depeschen. Den Medien geläufiger ist allerdings MbS, Mohammed bin Salman, Kronprinz von Saudi-Arabien.

Zwei Mohammeds, zwei Kronprinzen. Und MbZ, der die Tagesgeschäfte für seinen kranken Bruder Khalifa, den Präsidenten der VAE, führt, gilt gewissermaßen als Erfinder von MbS. Der 31-jährige Sohn von König Salman kämpft sich soeben zur absoluten Macht im Königreich hinauf.

Früher hätte die journalistische Formel gelautet: im "wahhabitischen" Königreich. Dass es das nicht mehr sein soll, dass Saudi-Arabien einen Kurswechsel beziehungsweise ein anderes Image braucht: Auch diese Anregung, die MbS mit Verve verfolgt, soll von MbZ stammen.

Klarsichtiger als in Riad analysierte Abu Dhabi nach 9/11 die politischen Kosten dafür, dass die arabischen Golfstaaten als Hort des islamischen Extremismus wahrgenommen wurden. Nach der unglücklichen Irak-Intervention von Präsident George W. Bush zogen sich die USA unter Barack Obama immer mehr aus der Region zurück, was die strategische Unverzichtbarkeit der Golfaraber in Frage zu stellen schien.

Iran bombardieren

Noch dazu suchte Obama einen Kompromiss mit dem Iran, was zum Atomdeal führte. Saudi-Arabien und die VAE waren entsetzt. Es heißt, dass MbZ führend bei den Versuchen war, Israel dazu zu bewegen, die iranischen Atomanlagen zu bombardieren.

Mit Donald Trump sah MbZ für sich und seinen Protegé MbS bessere Zeiten kommen. MbS brauchte die Rutsche deshalb, weil Washington zuvor auf Kronprinz Mohammed bin Nayef (MbN) gesetzt hatte, der als saudischer Innenminister im Antiterrorkrieg gut mit den USA kooperierte. Vergangenen Juni überließ MbN, offenbar nicht ganz freiwillig, MbS den Thronfolgerposten.

Big Spender

Die VAE sind die besten Lobbyisten in Washington: MbZ hatte vor allen anderen verstanden, dass die traditionelle Diplomatie nicht mehr reicht, sondern von "public diplomacy" flankiert sein muss: Medienkontakte, Philanthropie, Präsenz in Universitäten und Denkfabriken. Die arabischen Golfstaaten sind großzügige Geldgeber von US-Thinktanks. Die Europäer sind da ein Nebenschauplatz, aber immerhin sozusagen für die Kultur zuständig.

MbZ hat für seine PR-Arbeit in den USA einen besonderen Mann sitzen, Yousef al-Otaiba. Einen Artikel über ihn titelte die Huffington Post einmal mit "His Town" und meinte damit Washington. Er gilt als der bestvernetzte Botschafter überhaupt, Partylöwe, großzügiger Sponsor von Veranstaltungen aller Art und guter Freund des israelischen Botschafters Ron Dermer. Für die Saudis, die sein Chef MbZ hinter sich herzieht, hatte Otaiba jedoch bis vor kurzem nicht viel übrig: Laut seiner nach Ausbruch der Katar-Krise geleakten Emails hält er sie einfach für "plemplem" ("cuckoo").

VAE gegen die Muslimbrüder

Die derzeitige Feindschaft zu Katar betreiben die VAE vielleicht noch erbitterter als Saudi-Arabien: Noch mehr als in Riad verabscheut Abu Dhabi die Muslimbrüder und alle, die mit ihnen zu tun haben. Während sich Katar nach dem Arabischen Frühling mit einer Unterstützung meist aus dem MB-Umfeld stammender islamistischer Kräfte in Ägypten, Libyen, Syrien etc. zu profilieren versuchte, stellten die VAE die Muslimbrüder wegen Verrats vor Gericht. Experten halten das Zerwürfnis zwischen MbZ und dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, für irreparabel.

Die proaktive Politik der VAE bringt neben allen Soft-Power-Schienen, zu denen das Louvre Abu Dhabi gehört, auch verstärkt militärische Einsätze, etwa an der Seite der US-geführten Koalition gegen den "Islamischen Staat": 2014 medienwirksam mit der ersten emiratischen Kampfpilotin, Mariam al-Mansur. Im Falle des Jemens, wo die VAE neben – nicht immer im Einklang mit – Saudi-Arabien gegen die vom Iran unterstützten schiitischen Huthis engagiert sind, stützt sich das Emirat aber auch auf fremde Söldner (etwa von Blackwater angeheuerte Südamerikaner).

Auf der anderen Seite des Golfes von Aden bauen die VAE am Horn von Afrika seit kurzem eine Präsenz auf. Auch das gehört zur Sicherheitspolitik, da genügt ein Louvre Abu Dhabi natürlich nicht. (Gudrun Harrer, 9.11.2017)