Für die Arbeitnehmervertreter rund um die Gewerkschafter Karl Dürtscher (GPA) und Rainer Wimmer (Proge) gibt es bei der Metallerherbstlohnrunde nur eine Richtung: aufwärts.

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Wir werden Kampfmaßnahmen beschließen und sie einsetzen, wenn sich bis Dienstag nichts bewegt." Rainer Wimmer ließ am Dienstag keinen Zweifel, dass es ihm ernst ist mit einem Streik. Mit der Drohung von Arbeitsniederlegungen will der Vorsitzende der Produktionsgewerkschaft Proge der Forderung nach einer kräftigen Erhöhung des Angebots der Metallindustrie in der Herbstlohnrunde Nachdruck verleihen. 2,5 Prozent Ist-Lohnerhöhung sei einfach zu wenig angesichts der auf Volldampf laufenden Konjunktur. "Es muss zumindest ein Dreier vorn stehen", stellte er klar und bringt sein Gegenüber von der Metalltechnischen Industrie, Arbeitgeber-Chefverhandler Veit Schmid-Schmidsfelden, gehörig in Zugzwang.

Die Situation bei den Metaller-Kollektivverhandlungen spitzt sich zu. Die Gewerkschaften haben sich bereits eine Streik-Freigabe vom ÖGB geholt. Noch gibt es aber ein Ultimatum an die Verhandler der Arbeiterseite.
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Wohl hat die vom ÖGB-Bundesvorstand am Dienstag einstimmig beschlossene Erlaubnis zum Arbeitskampf vorerst nur den Charakter eines Vorratsbeschlusses (Streiks oder andere Kampfmaßnahmen müssen die Fachgewerkschaften beschließen), der Druck, weitere intensive Gespräche zu führen, steigt allemal.

Mehr Nachdruck

Manchmal brauche es halt etwas mehr Nachdruck für das Wort am Verhandlungstisch, rechtfertigte ÖGB-Chef Erich Foglar die von der Wirtschaft scharf kritisierte Maßnahme. "Wenn die Arbeitgeber in wirtschaftlich schlechten Zeiten Verständnis für Zurückhaltung verlangen, dann muss es in besseren Zeiten höhere Zuwächse geben", stellte Foglar klar und verwies auf "wenig Zurückhaltung bei den enormen Dividendenzahlungen der Industrie". Es habe schon bessere Angebote als das jüngste gegeben – und zwar in schlechteren Zeiten. "Leistung muss sich wieder lohnen."

Der frühere Metallgewerkschaftschef wühlt damit tief in Wunden der Arbeitgeber. Sie kiefeln noch immer an den vergleichsweise hohen Lohnabschlüssen der Krisenjahre.

Kompromissangebot

Dem Vernehmen nach gab es im 16-stündigen Verhandlungsmarathon sogar ein Kompromissangebot mit drei Prozent Erhöhung der Mindestlöhne. Selbiges hätten Wimmer und Co aber ausgeschlagen und unannehmbare 3,15 Prozent Plus für Kollektivvertragsentgelte gefordert. "Man neigt dazu, ein halbes Prozent zu unterschätzen", sagt Schmid-Schmidsfelden unter Hinweis auf die Kostenseite: Ein Prozent mehr Entgelt schlage in der Branche mit rund 60 Millionen Euro zu Buche. So günstig sei die Lohnstückkostenentwicklung in Österreich in den vergangenen Jahren bei Weitem nicht gewesen.

Zumal sich die Wünsche bei Lehrlingsentschädigung, Auslandsdiäten und anderen rahmenrechtlichen Bestimmungen forderungstechnisch zusammen auf sechs Prozent belaufen hätten, rechnete Schmid-Schmidsfelden, im Brotberuf geschäftsführende Gesellschafter der Metallwarenerzeugung Rupert Fertinger im niederösterreichischen Wolkersdorf, nach Abbruch der Lohnverhandlungen durch die Gewerkschafter – hörbar unzufrieden – vor. "Wir zahlen ordentliche Löhne und Gehälter – der monatliche Mindestlohn beträgt 1786 Euro, Arbeiter bekämen im Schnitt 2500 Euro, Angestellte 2800 Euro.

Kein Kommentar

Wirtschaftsforscher wollten den Lohnkonflikt nicht kommentieren. Sehr ambitioniert seien die gebotenen 2,5 Prozent angesichts des starken Wirtschaftswachstums aber nicht, sagte einer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Allerdings würden die Arbeitnehmer im Fall eines überraschenden Abschwungs weniger leiden.

Den weiteren Fahrplan skizzierte Wimmer so: Ab Mittwoch gibt es in der gesamten Metallindustrie, also nicht nur bei Metallverarbeitern und Maschinenbauern Betriebsversammlungen, sondern auch bei Stahlerzeugern, Autoindustrie, Gießereien und Gas-/Wärmeerzeugern. Parallel dazu werde man viele Gespräche und ordentliche Verhandlungen führen. Gelinge bis 13. November aber kein Ergebnis, gibt es ab 14. November Kampfmaßnahmen. "Dann werden wir den Riemen reißen."

Gut möglich, dass Foglar bald wieder ausrücken muss. Bei den Streiks im Jahr 2011 fungierten der ÖGB-Chef und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl als Schlichter.
(Luise Ungerboeck, 7.11.2017)