Der Innsbrucker Klimaforscher Georg Kaser wirft den Grazer Forschern vor, wissenschaftliche Standards nicht eingehalten zu haben.

Foto: APA / Barbara Gindl

Innsbruck – Die Vorwürfe, die der renommierte Glaziologe und Klimaforscher Georg Kaser von der Universität Innsbruck vorbringt, wiegen schwer. Bei der im Mai 2017 vom steirischen Joanneum Research (JR) veröffentlichten Studie über die Klimaeffekte künstlicher Beschneiung seien "wissenschaftliche Regeln aufs Gröbste verletzt" worden. Kaser will damit nicht die Ergebnisse der Studie – die von insgesamt positiven Effekten spricht – in Abrede stellen, sondern setzt früher an: "Es ist nicht nachvollziehbar, wie man zu diesen Ergebnissen gekommen ist."

Standards nicht eingehalten

Die Grazer Forscher hätten bei der Veröffentlichung grundlegende Standards verletzt. So sei es im Wissenschaftsbetrieb Usus, Ergebnisse zur Begutachtung einem wissenschaftlichen Diskurs auszusetzen, bevor man sie publiziert. Zudem müssten für eine Reproduzierbarkeit die Berechnungsmethoden zugänglich gemacht werden. All das habe JR nicht getan. Jeder Versuch, in einen wissenschaftlichen Dialog zu treten, sei gescheitert, weshalb Kaser nun an die Öffentlichkeit ging.

Der Direktor des Life-Zentrums der JR, Franz Prettenthaler, weist diese Vorwürfe zurück: "Wir haben Kaser eingeladen, direkt mit uns zu kommunizieren." Doch dieser habe Bedingungen gestellt, die im Hinblick auf die Geldgeber für die Studie, darunter das Land Steiermark und die Seilbahnwirtschaft, nicht erfüllbar gewesen seien. Konkret forderte Kaser, dass die Grazer die Studienergebnisse vom Netz nehmen, bis eine wissenschaftliche Begutachtung derselben stattgefunden habe.

Studie bleibe Beweise schuldig

Auf der Homepage von JR wird von Beweisen für die positiven Effekte der künstlichen Beschneiung auf das Klima gesprochen. Doch genau diese bleibe man schuldig, sagt Kaser. Er spricht von einem großen Schaden für die Forschungsgemeinschaft, wenn bei einem so sensiblen Thema wie dem Klimawandel mit nicht nachvollziehbaren Behauptungen argumentiert werde. Besonders fatal sei die Optik, wenn diese Ergebnisse genau dem entsprechen, was sich die Auftraggeber von einer Studie versprechen. Wobei Kaser festhält, in diesem Fall niemandem zu unterstellen, dass es sich um eine gekaufte Studie handle.

Prettenthaler widerspricht dem entschieden: "Diese Vorwürfe sind nicht gerechtfertigt. Wir stehen jedem Rede und Antwort." Er lege für seine Mitarbeiter die Hand ins Feuer und sei überzeugt, dass die Ergebnisse einer Überprüfung standhalten. Im Gegenzug wirft er Kaser vor, Wissenschafter, die drittmittelfinanziert forschen, gern anzugreifen: "Es gibt die zu 100 Prozent öffentlich finanzierte Forschung an den Unis, und es gibt Forschung, bei der nicht immer der wissenschaftliche Diskurs, sondern die Fakten im Mittelpunkt stehen." Kaser entgegnet, dass die Finanzierung keinen Einfluss auf die geltenden wissenschaftlichen Regeln habe. (Steffen Arora, 7.11.2017)