Die internationale Wirtschafts- und Steuerpolitik steht vor einem Umbruch. Statt Kooperation wird es in naher Zukunft mehr Spannungen geben, die beiden wichtigsten Wirtschaftsmächte der Welt, die EU und die USA, steuern auf einen Konflikt zu. Klingt bedrohlich? Keine Sorge. Die Chancen stehen gut, dass aus der Reibung etwas Positives für Bürger wie für die vielen Klein- und Mittelbetriebe auf beiden Seiten des Atlantiks entsteht.

Enthüllungen wie Lux-Leaks, Panama- und nun Paradise-Papers haben der Weltöffentlichkeit vor Augen geführt, wie einige Superreiche und eine Gruppe von multinationalen Großkonzernen geltende Steuergesetze legal umgehen können. Das stellt die betroffenen Gesellschaften vor zwei fundamentale Probleme: fehlende Fairness und verzerrter Wettbewerb.

Alle Steuern und Sozialabgaben zusammengenommen, führen Menschen in Österreich im Schnitt 40 Prozent ihres Einkommens an den Staat ab. Sie werden zu Recht wütend, wenn einige andere Menschen nur einen Bruchteil dessen bezahlen müssen, weil sie Geheimkonten und Briefkastenfirmen nutzen. Das gefährdet den sozialen Zusammenhalt und die liberale Demokratie, weil die Übervorteilten mit politischen Extremisten liebäugeln. Können wir uns die Superreichen politisch leisten? Das ist heute keine reine Scherzfrage mehr. Zugleich gefährden die Steuerparadiese jene Fundamente, auf denen die Marktwirtschaft steht.

Politischer Druck

Einen fairen Wettbewerb zwischen Unternehmen kann es nur geben, wenn für alle dieselben Bedingungen gelten. Wenn über Grenzen hinweg tätige Konzerne wie Apple oder Google ihre Steuerlast in den Promillebereich reduzieren, bleibt ihnen mehr Kapital, um in Technologien zu investieren, und mehr Spielraum, um Preise zu diktieren. Dann galoppieren sie den vielen Klein- und Mittelbetrieben davon. Die Auswirkungen dieser Monopol- und Oligopolbildung lassen sich an der Dominanz der US-Technologiekonzerne bereits erkennen.

Allerdings regt sich Widerstand. Der politische Druck, der als Folge der Enthüllungen der Leaks entstanden ist, hat dazu geführt, dass die EU-Kommission begonnen hat, gegen die Konstruktionen der US-Techgiganten vorzugehen. Apple, das auf seine Gewinne in Europa jahrelang nur 0,005 Prozent Steuern zahlte, wurde zu einer Nachzahlung von 13 Milliarden Euro verdonnert. Für Amazon und Starbucks gab es ebenso Strafen.

Konflikte durch Kooperation lösen

Die USA sind gerade dabei zurückzuschlagen. Darauf laufen die Pläne für eine Steuerreform der Republikaner hinaus. Washington will künftig Gewinne ausländischer Unternehmen stärker besteuern, wenn diese Geschäfte in den USA machen. Die EU arbeitet zeitgleich an neuen einseitigen Maßnahmen gegen IT-Giganten.

Während es in der Regel für alle vorteilhaft ist, wenn Konflikte durch Kooperation gelöst werden, scheint es in der Steuerpolitik anders gelaufen zu sein. In den vergangenen Jahrzehnten haben die großen Wirtschaftsblöcke zusammengearbeitet. Das hat zu einer doppelten Nichtbesteuerung geführt: Ich steige deinen Steuertricksern nicht auf die Zehen, wenn du es bei meinen auch nicht machst. Hinter jeder Steueroase, ob nun die Cayman Islands (Vereinigtes Königreich), Bermuda (USA), Luxemburg (EU), steht eine Supermacht. Mit dieser Praxis scheint Schluss zu sein. Und es gibt Schlimmeres als einen mit Augenmaß geführten Steuerkonflikt. (András Szigetvari, 6.11.2017)