Schrammen in einem 2.5 Millionen Jahre alten Tierknochen, verursacht durch Krokodilbisse.

Foto: PNAS

Berkeley – Nachdem die Primatologin Jane Goodall zum ersten Mal Schimpansen beobachtet hatte, die Holz- oder Steinstücke benutzten, begann man auch anders über den Werkzeuggebrauch unserer Vorfahren nachzudenken. Man ging davon aus, dass womöglich auch schon Australopithecus Steinwerkzeuge verwendet haben könnte, um Tiere zu schlachten.

Hominide Ur-Metzger

Beweise für diese Vermutung fand man prompt in charakteristischen Einschnitten auf uralten Säugetierknochen, die man in Äthiopien entdeckt hatte: Für viele Forscher war offensichtlich, dass diese Schrammen von scharfkantigen Steinwerkzeugen stammen müssten. Diese seien von hominiden Urzeit-Metzgern – also vermutlich Australopithecinen – benutzt worden, um Fleisch von den Knochen zu lösen oder ans Knochenmark zu gelangen.

Bald aber kamen erste Zweifel an diesen Vermutungen auf: Skeptiker führten die drei bis vier Millionen Jahre alten Knochenpuren auf andere Urheber zurück.

Diskrepanz in evolutionären Fragen

Paläoanthropologen rund um Tim D. White (University of Berkeley) haben nun Einschnitte auf einigen der bis zu 4,2 Millionen alten Knochen noch einmal genau untersucht und kamen im Fachblatt "PNAS" zum Schluss, dass die "Gebrauchsspuren" vermutlich doch nicht von solchen Urzeit-Metzgern stammen. Stattdessen geht das Team um White davon aus, dass für die Knochenbrüche und Schrammen Krokodile oder Tritte von anderen Tieren verantwortlich gewesen seien.

Eine der Knochen aus Bouri in Äthiopien, die neu unter die Lupe genommen wurden.
Foto: PNAS

Die untersuchten fossilen Überreste aus der Zeit des Plio-Pleistozän bestanden vor allem aus Knochen von verschiedenen Huftieren. Durch neue kontextualisierende Untersuchung der Schnitte, durch Vergleiche mit Krokodilzähnen, und Analysen der Umgebung, in der die Knochen gefunden wurden, konnte Whites Team zumindest in einigen Fällen Krokodilbisse als eindeutige Ursache ausmachen.

Generell raten die Autoren, die noch nicht untersuchten Knochenspuren aus diesem neuen Blickwinkel zu betrachten und der Metzgerhypothese kritischer gegenüberzustehen. (krop, 7.11.2017)