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Am Montagmorgen gab sich Peter Pilz im Ö1-"Morgenjournal" noch kämpferisch. Sein Mandat wird er aber am Donnerstag sicher nicht annehmen.

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Peter Pilz mit Journalisten beim Hintergrundgespräch am Montag.

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Wien – Peter Pilz wird sein Mandat nach Vorwürfen wegen sexueller Belästigung nun doch fix nicht annehmen. Das teilte er bei einem Hintergrundgespräch am Montag mit. Noch in der Früh hatte er im Ö1-"Morgenjournal" gemeint, dass er es sich bis Mittwoch überlegen werde. Nun sagt er: "Was ich mir bis Mittwoch überlegen werde, ist, welche Rolle ich in der Partei spielen werde."

DER STANDARD

Er sei aber nicht dazu in der Lage, das Nationalratsmandat anzunehmen. "Ich will nicht mehr, und das ist das erste Mal seit 31 Jahren. Es ist vorbei." Er wird sich aber nicht aus der Politik und von der Liste zurückziehen. Rein statutenmäßig sei er Parteiobmann einer "Nichtpartei".

Gemeinsam mit seinem Anwalt und Neo-Mandatar Alfred Noll prüft Pilz nun rechtliche Schritte – allerdings nicht gegen jene Personen selbst, die ihm sexuelle Belästigung vorwerfen. Hier sehe man derzeit keine Handhabe, aber: "Ja, wir überlegen durchaus, möglicherweise medienrechtliche Schritte zu ergreifen." Details dazu nannte der Politiker nicht.

Vorwürfe an grünen Klub

Pilz beteuert, immer ein öffentliches Verfahren im Fall der ihm vorgeworfenen sexuellen Belästigung angestrebt zu haben. Die angebliche Betroffene sowie der grüne Klub hätten daran aber kein Interesse gehabt. Zudem sei er von der Gleichbehandlungsanwaltschaft nie über die Vorwürfe informiert worden: "Wir haben nichts in der Hand gehabt." "Die Betroffene wollte kein Verfahren riskieren", vermutet Pilz.

Ausführlich legte Pilz dar, wie es – beginnend mit dem 16. Dezember 2015 – zum Zerwürfnis mit seiner ehemaligen Mitarbeiterin gekommen war. Nach wie vor streitet der ehemalige Grüne sämtliche Vorwürfe ab. Die zuerst "ausgezeichnete" und "ehrgeizige" Frau habe eine bessere Position im Klub angestrebt, alle von ihr geschilderten Ereignisse seien stark übertrieben und erst nach und nach erhoben worden.

Pilz: Keine körperlichen Übergriffe

Körperliche Übergriffe streitet Pilz vehement ab, Einladungen zum Abendessen habe es zwar gegeben, allerdings seien diese an das gesamte Team ergangen und "üblich" gewesen. Eine Einladung auf die Alm zu sich und seiner Frau hätte ebenfalls dem "Team-Building" dienen sollen und sei an mehrere Personen ergangen. "Ich bin kein einziges Mal nach meiner Sicht der Dinge gefragt worden", kritisierte Pilz seine ehemalige Partei.

Auch die Anschuldigungen, wonach er 2013 beim Forum Alpbach in betrunkenem Zustand eine Frau begrapscht haben soll, wies Pilz weiter von sich: "Ich bin mir persönlich sicher, weil ich mich an so etwas erinnern würde." Bei der Veranstaltung habe er mit vielen Personen gesprochen, dennoch versucht der Listengründer weiter, den Abend zu "rekonstruieren", aber: "Ich kann es im Moment auch für mich nicht zufriedenstellend aufklären."

"Politisches Spiel"

Seine Kollegen der Liste Pilz vermuten hinter den Vorwürfen eine Racheaktion der Grünen. Es werde ein politisches Spiel gespielt, er habe das Recht, seine Liste zu schützen, erklärte Pilz selbst. Demnach werde seine Liste ohne ihn im Nationalrat starten: "Einen kompletten politischen Rückzug schließe ich jedoch aus. Ich ziehe mich mit Sicherheit nicht aus der Politik zurück."

Die Vorwürfe aus dem grünen Klub habe er gekannt, so Pilz. Es handle sich "um Falschbehauptungen, Konstruktionen und glatte Lügen". Er habe damals über "jede Minute" Buch geführt, auch über die Rolle der damaligen Parteivorsitzenden Eva Glawischnig und des Grünen-Klubchefs Dieter Brosz – und diese Aufzeichnungen werde er nun veröffentlichen.

"Nie eine Frau sexuell belästigt"

Er habe in seinem ganzen Leben keine Frau sexuell belästigt: "Ich bin mir nicht der geringsten Schuld bewusst", sagte er im ORF-Radio.

Er habe am Wochenende recherchiert, und die Spuren führen seiner Meinung nach zumindest in zwei Parteien: Pilz vermutet einen Versuch, seine Liste kaputt zu machen, weil "sie keine Opposition zu Schwarz-Blau haben wollen". Er wisse "heute viel mehr, wer hier Vorwürfe veröffentlicht hat".

"Politisch motivierter Anschlag"

Pilz nennt die Veröffentlichung der Vorwürfe einen "politisch motivierten Anschlag auf eine neue Liste im Parlament". Und weiter: "Diesen Versuch, mich politisch zu zerstören, werde ich nicht akzeptieren."

"Ich bin mir sicher, dass ich solche Grenzen in meinem ganzen Leben noch nicht überschritten habe. Aber mein Problem ist, dass ich das Gegenteil im Moment nicht beweisen kann", sagte Pilz.

Bei dem Hintergrundgespräch am Montag wies Pilz auch darauf hin, dass die für den Fall zuständige Gleichbehandlungsanwältin später für die Neos kandidierte. In diesem Zusammenhang würden sich Fragen stellen. Es gebe nur zwei Möglichkeiten, wer den Fall an die Medien gespielt hätte.: Eine Person der grünen Klubleitung oder aus der Gleichbehandlungsanwaltschaft. Die Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft wies im Gespräch mit dem STANDARD diese Unterstellung zurück. Sie könne "absolut ausschließen", dass den Fall jemand von ihrer Seite nach außen getragen habe, so Ingrid Nikolay-Leitner.

Stauber: Es gibt dritten Zeugen

Oliver Stauber, einer derjenigen, die als Zeugen für den Übergriff in Alpbach auftreten, ist heute für die "Sektion ohne Namen" der SPÖ tätig. Im STANDARD hat er sämtliche Unterstellungen Pilz' bereits zurückgewiesen. In der APA sagt er nun, es gebe neben ihm selbst und dem Banker Christian Niedermüller einen dritten Zeugen des Vorfalls. Er sei bereit, so Stauber, in einem Gerichtsverfahren als Zeuge zur Verfügung zu stehen. Dieser dritte Zeuge sei beruflich im Ausland tätig und habe nichts mit der österreichischen Innenpolitik zu tun. Dieser wolle nur nicht in den Medien namentlich vorkommen.

Stauber erklärte im APA-Gespräch, von "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk am Freitag spätnachts gefragt worden zu sein, ob er eine sexuelle Belästigung von Pilz bezeugen könne, darauf habe er wahrheitsgemäß mit Ja geantwortet. Das sei eine rein private Aussage als Zeuge, so der Anwalt, der heuer für die SPÖ für den Nationalrat kandidierte.

"Eine wasserdichte Geschichte"

"Ich habe null Interesse daran, dass Pilz nicht im Nationalrat ist – im Gegenteil", beteuert Stauber. Pilz' Vorwurf der politischen Intrige sei an den "Haaren herbeigezogen", der Vorfall in Alpbach vor vier Jahren hingegen leider eine "wasserdichte Geschichte". Stauber sagte, er sei an einer Aufklärung vor Gericht interessiert, werde sich in den Medien aber nicht weiter dazu äußern.

Zeuge behält sich rechtliche Schritte vor

Stauber verlangt von Pilz, den Vorwurf der politischen Intrige zu widerrufen, dieser entbehre jeder Grundlage. "Pilz muss aufhören, eine Intrige zu spinnen, die es nicht gibt", so Stauber. "Ich behalte mir rechtliche Schritte vor, sollte Pilz die unhaltbaren Vorwürfe wiederholen." Er sei in die Sache nur deshalb involviert, weil er am Freitagabend auf Twitter von Niedermüller ungefragt als weiterer Zeuge genannt worden sei.

Stauber bezweifelt auch, dass Pilz tatsächlich an einer Aufklärung interessiert sei. Dessen Anwalt und politischer Mitstreiter Alfred Noll habe noch am Samstag mit ihm Kontakt aufgenommen. Er, so Stauber, sei wegen eines Treffens aber auf Montag vertröstet worden, und nun sei Noll laut seiner Assistentin krank. Er habe Noll aber am Samstag telefonisch versichert, dass er die Belästigung bestätigen könne.

Pilz könnte wieder ins Parlament

Nimmt Pilz nach seinem Hin und Her sein Nationalratsmandat am Donnerstag tatsächlich nicht an, bedeutet das nicht unbedingt einen Abschied für die gesamte Legislaturperiode. Zwar hat er kein Rückkehrrecht auf sein Mandat, wie Parlamentsexperte Werner Zögernitz erklärt. Über Umwege könnte Pilz aber wieder nachrutschen. Das könnte dann der Fall sein, wenn im Lauf der Legislaturperiode einer jener Abgeordneten das Mandat zurücklegt, die auf derselben Liste stehen. Pilz war sowohl auf der steirischen Landesliste als auch auf der Bundesliste Nummer eins. Über die Bundesliste ziehen Noll, Bruno Rossmann und Alma Zadic ins Parlament ein. Sollte also einer von ihnen oder Bißmann während der Periode aufhören, wäre wieder Pilz am Zug.

Was die Änderung des Namens der Partei beziehungsweise des Parlamentsklubs angeht, hat die Liste Pilz keinen Stress: Zwar darf ein Klub nur im ersten Monat nach der konstituierenden Nationalratssitzung gegründet werden – den Namen kann man aber jederzeit ändern, bestätigt Zögernitz. Es handle sich um eine Entscheidung des jeweiligen Klubs. (red, APA, Video: Katrin Burgstaller, 6.11.2017)