Die Wintersaison beginnt unter einem bösen Stern. Knapp vor dem Eintreffen der ersten Touristenbataillone in Tirol ereilt uns die Nachricht, dass in den Gastronomiebetrieben des Heiligen Landes akuter Mangel herrsche und es an ungefähr 850 Köchinnen und Köchen fehle.

Das bedeutet, dass mindestens ebenso viele Gästinnen und Gäste diesen Winter um ihr Tiroler Gröstl, ihre Kaspressknödel und ihre Schlutzkrapfen umzufallen drohen, was kulinarisch gewiss verschmerzbar wäre, nicht aber symbolisch. Tiroler Kellner, die ihren Gästen mit der Ankündigung "Ein Gruß aus der Küche, bitte sehr!" einen leeren Teller vorsetzen, machen einfach einen schlechten Eindruck.

Und wenn sich die Situation an der Tiroler Köchefront nicht bald verbessert, droht zusätzliches Ungemach. Wer will dann noch garantieren, dass den Tirolern nicht auch ihre geliebten Speckcknedln abhandenkommen und diese gutturale Säule genuinen Tirolertums den Inn hinuntergeht? Wer kann, wenn immer weniger junge Menschen eine Kochlehre absolvieren, ausschließen, dass bald in Tirol gähnende Kochleere herrscht? Wüsste der Anderl Hofer, was sich in der Tiroler Gastronomie abspielt, er würde im Grab rotieren wie ein Bratspieß.

Geringere Gefahr

Natürlich werden Zyniker auch den einen oder anderen Vorteil eines akuten Köchemangels ins Treffen führen. Gibt es keine Suppe, dann gibt es auch keine Suppe, in die man spucken kann. Die Gefahr, in einem Tiroler Gasthaus einen verdorbenen Brei aufgetischt zu bekommen, wird künftig geringer ausfallen, wenn es allenfalls einen einzigen Koch gibt, der den Brei in der Küche anrührt.

In Wahrheit aber ist die Vision eines von St. Anton am Arlberg bis Kufstein durch und durch unbekochten Bundeslandes, wo sich die eine kalte Kuchl an die nächste reiht, vollkommen unerträglich. Die Tiroler Gastronomie und die Tiroler Touristik müssen jetzt umgehend Gegenmaßnahmen treffen.

Eine Möglichkeit wäre es, die verbleibenden Haubenlokale nicht mehr mit Hauben, sondern mit der landesüblichen Kopfbedeckung auszuzeichnen ("Du, Schatz, ich lade dich heute Abend in ein Drei-Tiroler-Hiatl-Restaurant ein"). Ebenfalls wünschenswert: ein in tirolerischer Diktion gehaltener Werbeaufruf an junge Menschen: "Mander ind Weiberleit, 's isch Zeit! Zeit zimm Kckckochen!" (Christoph Winder, Album, 3.11.2017)