Hier sollen mehrere Nutzungsarten möglich sein.

Visualisierung: Tovatt Architects & Planners AB

Das von Duda Testor geplante Wohn- und Gewerbeobjekt in der Seestadt wird von der Real Invest errichtet.

Visualisierung: expressiv.at/Elmir Smajic

Das Projekt der Bauträger Altmannsdorf und Hetzendorf sowie Neues Leben, geplant von Tillner & Willinger ZT und einszueins Architektur, hat sich im Wettbewerb um Bauplatz G12A durchgesetzt.

Visualisierung: OLN_by_Markus Stöger

Wohnungen für 20.000 Menschen soll die Seestadt Aspern in Wien-Donaustadt einmal bieten, wenn sie fertig ist. Damit die Seestadt aber keine reine Schlafstadt wird, gibt man sich alle Mühe, auch jede Menge Gewerbe auf dem ehemaligen Flugfeld im Osten Wiens anzusiedeln. Neben den 20.000 Wohnungen sollen auch annähernd so viele Arbeitsplätze entstehen, so lautet das ehrgeizige Ziel. Mehr als 120 Betriebe, die rund 1500 Menschen Arbeit geben, sind schon hier – von der Forschungs- und Produktionsstätte eines Weltkonzerns (Hoerbiger) über Einzelhändler bis zu Ein-Personen-Unternehmen in der Kreativszene reicht das Spektrum.

Mit dem gerade in Bau befindlichen Seeparkquartier und der geplanten Erweiterung des Technologiezentrums der Wirtschaftsagentur Wien, Aspern IQ, sollen noch viel mehr Jobs entstehen. Und auch im nächsten Bauabschnitt der Seestadt, dem Quartier "Am Seebogen", hat man sich etwas überlegt, um Arbeitsplätze anzusiedeln: Für sechs Bauplätze wurde das Motto "Wohnen und Arbeiten" ausgegeben. Mit an Bord ist dort auch die IBA Wien, also die Internationale Bauausstellung, die "Neue soziale Quartiere" zu ihrem Leitmotiv erkoren hat.

Nicht-Wohnen im Fokus

Am Seebogen galt es für die beteiligten Planer aber, nicht nur – wie großteils im bisher gebauten Abschnitt der Seestadt – Wohngebäude mit belebten Erdgeschoßzonen zu erdenken, sondern die "Nicht-Wohn-Nutzung" – also etwa Gewerbe oder Freizeiteinrichtungen – sozusagen mit in die Obergeschoße zu nehmen. Architekt Erik Testor (Duda Testor Architektur) hat sich mit seinem Vorschlag gemeinsam mit Bauträger Bank Austria Real Invest im Wettbewerb für Bauplatz G13B durchgesetzt. Er hat für seinen Typus namens "Gründer-Innen-Hof" Anleihen in der Gründerzeit genommen, wie er dem STANDARD berichtet.

Konkret hat er sich am "Werkstättenhof" an der Linken Wienzeile im 6. Bezirk orientiert, in dem Duda Testor ihr erstes Büro hatten. Das Gebäude war Anfang des 20. Jahrhunderts schon als Wohn- und Arbeitskomplex geplant worden und wurde 1907 fertiggestellt. Neben 40 Wohneinheiten gibt es dort 150 Räume für gewerbliche Nutzung.

Kreative Ateliers

Als Testor 2016 eingeladen wurde, an dem Bauträgerwettbewerb für den "Seebogen" teilzunehmen, erinnerte er sich daran, wie gut die Mischung aus Wohnen und Gewerbe dort funktionierte. Und wollte "wieder so einen Typus schaffen", wie er sagt. Seine Überlegungen führten zum Entwurf zweier Gebäude mit jeweils fünf Meter hoher Erdgeschoßzone.

Diese Höhe lässt es zu, dass straßenseitig zwei Stockwerke hohe Arbeitsateliers entstehen können, mit hofseitig angeschlossenen Maisonettewohnungen. Künstler, Kleingewerbetreibende, Kreative und Handwerker zählen dort zur Zielgruppe. Um die Gewerbeflächen – rund ein Viertel davon kann ein gefördertes Wohnprojekt aufweisen – aber über das ganze Haus zu verteilen, wurden in jedem Stockwerk mehrere Mikro-Büros mit 22 bis 30 m² (die kleinere Variante mit Loggia) geplant.

Keine Mietkaufoption

"Das sind entweder ganz eigenständige Nutzungseinheiten, oder an bestimmte Wohnungen gekoppelt, mit Türen sowohl zur Wohnung als auch nach außen", erklärt Testor. Gedacht sind sie vorrangig als Home-Offices, aber wohl auch für Freiberufler interessant. Weil das Gebäude mit 106 reinen Wohneinheiten, darunter 35 Smart-Wohnungen, nach Fertigstellung ins Portfolio des Immobilienfonds der Real Invest wandern wird, werden die Einheiten hier übrigens dauerhaft vermietet werden, die Mietkaufoption fällt flach. Die Eigenmittel, die beim Erstbezug zu leisten sind, liegen mit 67 Euro je Quadratmeter nämlich ganz knapp unterhalb jener Grenze, ab der die Mietkaufoption für den Bauträger verpflichtend wird.

In anderen Häusern wird die Kaufoption möglich sein. Auf Bauplatz G13A, direkt neben dem Gebäude der Real Invest, errichtet die Familienwohnbau ein Haus mit 116 Wohneinheiten. In dem von BWM Architekten geplanten Haus werden rund 20 Prozent der Nutzfläche auf "Nicht-Wohnen" entfallen, allerdings werden diese Flächen nur im Erdgeschoß und im 1. Obergeschoß liegen. Geplant ist etwa ein "Aktiv-Raum" samt Gemeinschafts- und Showküche, außerdem eine Musikschule samt Proberäumen.

Von Sport bis Kunst

Das dritte Gebäude auf Bauplatz G13 mit 90 Wohneinheiten wird von der EBG gebaut, die Pläne stammen von Dietrich Untertrifaller Architekten. Sie haben dem zweiten "Über-Thema" Sport bzw. Bewegung hier buchstäblich "Raum" gegeben. Rund 350 m² sind als Sportflächen vorgesehen (beispielsweise ein Fitnessstudio und Judo), als Mieter-Zielgruppe werden im Konzept aber etwa auch ein Sportshop, ein Massageinstitut und ein Vereinszentrum "inklusive Kantine" aufgezählt.

Herzstück ist die Gründung eines Sportvereins namens "See SC", der hier Aktivitäten organisieren und Kooperationen vereinbaren soll. Recht sportlich liest sich auch das Konzept, mit dem sich die Bauträger "Altmannsdorf und Hetzendorf" sowie Neues Leben gemeinsam mit Tillner & Willinger ZT und einszueins Architektur auf Bauplatz G12A durchsetzten. Es nennt sich "Le Lac Sportif" und hat einerseits die Sportunion als Partner, andererseits wird es auch hier Räume für Kunst- und Kulturschaffende geben, weiters ist hier eine Zweigstelle der Büchereien Wien fix vorgesehen.

Als "Kleingewerbe- und Kleinhandwerk-Inkubator" versteht sich schließlich das Projekt von WBV-GÖD und F+P Architekten für Bauplatz G5B. Neben dem Betrieb von Bürogemeinschaften und eines "Handwerker-Toolparks" ist bei dem Projekt aber auch eine kulturelle Nutzung angedacht.Ein bunter Mix also, der hier am "Seebogen" in den kommenden Jahren umgesetzt werden soll. Bis tatsächlich an den Gebäuden gebaut werden kann, wird es aber noch dauern: Das UVP-Verfahren für den Norden der Seestadt ist noch nicht abgeschlossen. (Martin Putschögl, 4.11.2017)