Der Aufstieg mit den Bretteln an den Beinen und der folgende Abwärtsschwung abseits der Pisten war einst ein Vergnügen für ein Häufchen besonders Abenteuerlustiger. Das hat sich schon lange geändert.

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Wien – Die Oberösterreicher preschen vor. Im kommenden Winter müssen Tourengeher in einigen Skigebieten für die Pistenbenützung zahlen: 14 Euro für Tagestickets in den Skiregionen Sternstein, Kasberg und Wurzeralm, acht Euro für ein Abendticket auf dem Kasberg und zehn für eines auf der Wurzeralm. Eine Liftfahrt ist bei Letzteren inbegriffen. Auf den Hausberg der Bad Ischler, die Katrin, gibt es ebenso ein Angebot für Tourengeher, ein Teilabschnitt der Höss in Hinterstoder soll noch folgen.

Von der Rand- zur Trendsportart

Unter Sportlern ist das Thema umstritten. Regelmäßig pochen viele auf ihre "Wegefreiheit" und auf das Recht, die von den Liftbetreibern geschaffene Infrastruktur kostenlos zu nutzen. So wie es vielerorts lange war. Eines hat sich allerdings geändert. Tourengehen entwickelte sich von der Rand- zur Trendsportart. 2015/2016 wurden in Österreich 50.000 Paar Tourenski verkauft, mehr als Alpinski. Geschätzte 500.000 Tourengeher sind laut Alpenverein unterwegs. Nicht überall sind sie gleichermaßen willkommen.

Manche sehen sie als Chance, sich in einer Nische zu positionieren. Planai-Chef Georg Bliem ist so einer. "Bei uns ist das kein großes Problem", sagt er. Es gebe eigene Skitourenabende auf der Hochwurzen, sobald die Galsterbergalm genug Schnee habe, seien auch dort Tourengeher willkommen. Auf einer eigenen Spur. Damit Tourengeher nicht Rodlern und Skifahrern in die Quere kommen, hat man einen eigenen Parkplatz eingerichtet. Heuer werde man dort eine kleine Gebühr von drei bis vier Euro verlangen. "Wir wollen uns da keine goldene Nase verdienen."

Mehr gezielte Angebote

Dass man den Skiwanderer etwas bieten könnte, spricht sich zunehmend herum. Die Abtenauer Bergbahnen haben ein Areal für Pistentourengeher eingerichtet. Die Salzburger Schmittenhöhebahn belebte eine seit 15 Jahren stillgelegte Skiabfahrt wieder. In den Pongauer Skigebieten Flachau, Wagrain und Alpendorf bieten die Seilbahnbetreiber eigene Routen im Stadtskigebiet Hahnbaum in St. Johann im Pongau. Kostenlos. Hintergedanke ist laut Wolfgang Hettegger, Vorstand der Alpendorf Bergbahnen, auch, die Tourengeher in dafür vorgesehene Bahnen zu lenken.

So einfach ist die Sache nicht überall. Auf der Turracher Höhe zwischen Steiermark und Kärnten, wo das Pistengehen vor zwei Jahren verboten wurde, wollte man ebenfalls eine eigene Tourenstrecke errichten. Damals herrschte Schneemangel, und die Tourenwanderer rückten immer stärker auf die Pisten vor. Mittlerweile gibt man an Donnerstagnachmittagen eine Strecke frei. Eine eigene Route gibt es noch nicht. – Alles sehr kompliziert, die Wege dürfen sich etwa nicht mit der Piste kreuzen, heißt es bei den Bergbahnen. Ähnliches gilt für das Stuhleck.

Erhaltung der Infrastruktur kostet

Auch der Hauser Kaibling in Schladming hat die Pisten für Tourengeher 2015 gesperrt. "Wenn wir genug Schnee haben, haben wir kein Problem", sagt Arthur Moser, Seilbahnenobmann und Hauser-Kaibling-Chef. Ändern will man derzeit nichts. Verlange man etwas, müsse man Extrarouten auch beschneien. "Mit ein paar Euro ist es da nicht getan", sagt Moser.

Robert Steiger, Tourismusforscher an der Uni Innsbruck, findet es gut, dass das Bewusstsein dafür steige, dass die Infrastruktur auch erhalten werden muss: "Dafür sollte auch ein Obolus gezahlt werden." Die Aufregung über neue Gebühren würde sich in der Regel rasch wieder legen.

Mit Augenmaß

Beim Alpenverein klingt das strikte Nein zur Pistenmaut nicht mehr ganz so strikt. "Wenn die Betreiber eine Infrastruktur schaffen, kann man wohl am Null-Euro-Aufstiegsrecht nicht festhalten", findet der Leiter der Sektion Bergsport, Michael Larcher. Aber man müsse dabei Augenmaß behalten. Was den Oberösterreichern nicht ganz gelungen sei.

Auf der Wurzeralm wo laut Helmut Holzinger von täglich 4.000 Besuchern rund 1.000 "Pistengeher" sind – will man auch eigene Routen für die Tourengeher präparieren. Durch klare Regelungen wolle man für mehr Sicherheit sorgen, denn viele Tourengeher würden nachts auf den Pisten gehen, während diese präpariert werden, was zu gefährlichen Situationen führt. Kontrollieren wolle man sie nachts über die Parkplatzüberwachung. Larchinger findet, dass zumindest das Argument mit dem Sicherheitsaspekt überspannt werde. Dass aufsteigende Tourengeher mit abfahrenden Pistenfahrern kollidieren, sei kein nachgewiesenes Risiko, jenes mit den Pistenraupen hingegen schon. Ausjudiziert sei die Sache um das Recht unentgeltlich am Pistenrand aufsteigen zu dürfen nicht, auch wenn es in der Fis-Regel 7 vorgesehen sei. Ankommen lassen würde er es auf eine juristische Klärung nicht: Gut möglich, dass die Liftbetreiber recht bekämen.

Abstimmen und informieren

Dass man aber auch ganz ohne Pistenmaut auskomme, zeige das Beispiel Innsbruck, so Larcher. Das Aufkommen an Tourengehern sei im Großraum nach Büroschluss enorm. Mittlerweile hätte es sich auch dank Pistenkalenders eingespielt. Er erfasst, wo an welchen Tagen bis wann Tourengehen erlaubt ist. Die Pistenraupe rückt da erst nach 22 Uhr an. Das frühere Ärgernis, dass am nächsten Morgen eingefrorene Spuren das Pistenvergnügen der Skifahrer arg trüben, ist damit ausgeräumt. (Regina Bruckner, 3.11.2017)