Wien – Zum Finale seiner Darbietung im Wiener Musikverein begibt sich Leonidas Kavakos in den Zugabenkosmos mit Vater Bach: Dessen Sarabande aus der Partita No. 2 in d-Moll BWV 1004 entlockt der Grieche, Stammgast im Goldenen Saal, mit unprätentiöser Geste diskret schwebende Linien. Deren Wesen – vibratolos erweckt – ähnelt einem zarten Lichtstrahl, der dann auch in Brahms' Violinkonzert Gefühle erhellt. Aus der Assistenz des Gewandhausorchesters Leipzig erwächst Kavakos' Kunst ja als eine Art fühlendes Denken: Die Interpretation atmet also intellektuelle Klarheit, ohne Kälte zu verbreiten.

Der Geigenton vermag Sanglichkeit (zweiter Satz), den Anschein einer quasi verlöschenden Kerze (erster Satz) wie auch schnittige Linearität zu vermitteln. Trotz seiner Intensität wirkt Kavakos' Spiel auf produktive Art und Weise immer getragen von Leichtigkeit; es verfügt über Präsenz auch im Filigranen, ohne romantisch-übersüß zu wirken. Mit Dirigent Herbert Blomstedt gelingen besonders an introvertierten Stellen, wo das Orchester aus dem Hintergrund heraus fast unheimlich zu tönen scheint, atmosphärisch die stärksten Momente.

Bei Schuberts Großer C-Dur Symphonie entfaltet das Orchester dann Leichtigkeit, zeigt klangsensible Qualitäten wie auch herb akzentuierten Zugriff auf Phrasen. Blomstedt schätzt eben starke Kontraste. Im kollektiven "Aufschrei" offenbart sich jedoch zu viel des Expressiven, das als Klanghärte rüberkommt. (tos, 30.10.2017)